Rundbrief 164 vom 18. November 2023

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 164

Protest gegen Leerstand Wie sich Obdachlosigkeit anfühltVideos zur ObdachlosigkeitModernes Köln Umbau statt LiquidierungKeine Gewalt gegen FrauenWohnen hat GeschichteZum LesenZum UnterschreibenSendungen, Meldungen, NachrichtenTermine

Protestkundgebung gegen Leerstand
18. November 2023 ab 11 Uhr

Friedrich-Engels-Str.7, 50937 Köln

Susanne Esch hat Ende Oktober im Stadt-Anzeiger über den Leerstand der Häuser der Russischen Föderation in Köln-Lindenthal informiert: https://www.ksta.de/koeln/lindenthal/lindenthal-veedel/koeln-lindenthal-stadt-hat-plan-fuer-russisches-geisterhaus-672619

Wir lassen am Samstag Roland Schüler aus der Bezirksvertretung und Erich Bethe von der Bethe-Stiftung zu Wort kommen, die das präzisieren, was im Stadt-Anzeiger zu lesen war.

Angesichts der vielen Obdachlosen und der nicht ausreichenden und nicht immer geeigneten Plätze zu ihrer Unterbringung wollen wir unserer Forderung nach sofortiger Enteignung der Häuser Nachdruck verleihen. Die Stadt muss die Obdachlosen von der Straße holen und wenn sie ihnen keine Wohnungen bieten kann, dann wenigstens abschließbare Einzelzimmer. Die vielen Leerstände in Wohn- und Bürohäusern geben das her.

Ende Oktober töteten drei Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren einen Obdachlosen im nordrhein-westfälischen Horn-Bad-Meinberg. Bundesweit werden jährlich über 20 Obdachlose von Personen, die eine Wohnung haben, getötet.

Der Politologe Martin Stammler erklärt, was seiner Meinung nach hinter dieser Hassgewalt gegen Obdachlose steckt. Die Ursachen lägen auch am gesellschaftlichen Diskurs. Daher macht sich Stammler mit seiner Bildungsarbeit für eine höhere Sensibilität und eine Kultur des Hinschauens stark: „Sprache bildet und schafft eine Realität, stereotype Abwertungen können zur Gewalt führen.“
https://www.sonntagsblatt.de/artikel/gesellschaft/politologe-erklaert-was-hinter-hassgewalt-gegen-obdachlose-steckt  

Die faktische Abwertung und Verdrängung kommt bei ihm nicht vor. Mit defensiver Architektur („Anti-Obdachlosen-Architektur“) wird für alle sichtbar öffentlich in den Städten und Gemeinden demonstriert wer unerwünscht ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Defensive_Architektur

Mit der Unterbringung in Mehrbett-Zimmer mit ausgehängten Türen arbeiten die Stadt  und die Wohlfahrtsverbände aktiv an der Destabilisierung der Untergebrachten.

Dem Politologen Martin Stammler fällt das Einfachste nicht ein, die Abschaffung der Obdachlosigkeit zu fordern, die unmittelbare Unterbringung aller Obdachlosen in abschließbare Einzelzimmer und Wohnungen.

Was der Politologe „übersieht“: da der Staat obdachlose Menschen auf der Straße verwahrlosen lässt, statt ihnen Wohnungen zu geben, sehen manche darin das Signal, dass Obdachlose vogelfrei sind, Freiwild. Daher fordern wir die Ablösung des Kölner Hilfesystems durch  Housing First. Zuerst müssen alle Obdachlosen in Wohnungen untergebracht werden, dann macht es auch Sinn bei denen, die es nötig haben, Vorurteile pädagogisch zu bearbeiten.

Grundgesetz Artikel 1. (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Wie sich Obdachlosigkeit anfühlt


von Christa Schliebs

Relativ unbedarft macht Felix („Tomatolix“) – ein junger Youtuber ein Selbstexperiment vom 18.11.2018: „24 Stunden obdachlos- Das Selbstexperiment“… Schaut gern mal:
https://www.youtube.com/watch?v=Ah5sq-NnZjk

Er verbringt diesen Tag in Köln mit Nicole, die nach Jahren der Obdachlosigkeit eine Wohnung beziehen konnte und ihn begleitet. Interviewt wird auch Colin Emde von Offroad Kids, den wir kennen, er kritisiert die Lücken im Sozialsystem (Übergang zwischen Jugendhilfe und Jobcenter) und macht auf die Seite https://sofahopper.de aufmerksam.

Zuerst fühlt sich Schnorren und Pfandflaschensammeln für Felix erst eher wie ein Abenteuer an, aber abends wird es von Stunde zu Stunde schwieriger…

Aber nachts (Minute 15) äußert er : „Alter, das ist echt viel schwerer, als ich gedacht hätte. Es ist einmal mega kalt, okay, das ist klar. Dann ist es super ungemütlich auf diesem harten Boden. Dann hab ich voll Hunger, musste mega pinkeln und man hört man auch die ganze Zeit irgendwelche Geräusche — es ist einfach richtig was los, …nä, nicht soo angenehm muss ich sagen.“

Und “ Wir haben jetzt halb sieben morgens. Und man wurde so`n bisschen geweckt, weil schon die die ersten Leute hier zur Arbeit gehen hier sin mittlerweise ein paar Autos rum..äh.
Nicole: „Es ist kalt“. Felix: „Es ist mega kalt. Und ich hab mega schlecht geschlafen.– Ich hab das Gefühl, dass ich so gar nicht geschlafen habe oder ich hab irgendwie so, keine Ahnung, so ne Stunde geschlafen und den Rest so halb wach, so rumgedöst irgendwie. Oh Gott, wirklich kein erholsamer Schlaf.“

Leider fehlt mir bei dem Résumé – extrem langweilig auf der Straße rumzuhängen , dass es super ungemütllich ist, in der kalten Jahreszeit draußen zu schlafen… dass die Leute einen gar nicht so richtig wahrnehmen „- eine politische Forderung nach der Beseitigung von Obdachlosigkeit .. Gespendet hat Felix einen Teil der Einnahmen den Off Road Kids.

Und hier noch ein Filmtipp auf youtube zu Günter Wallraffs Obdachlosigkeitserfahrung: „Undercover – Unter Null (Leben auf der Straße, obdachlos) in Köln in 2008. https://www.youtube.com/watch?v=EhdESxM6EL8

Und:

Weiblich, obdachlos, unsichtbar
https://www.youtube.com/watch?v=2HBXNPJ4sMc

Treffpunk Garage
https://www.youtube.com/watch?v=oLGl_hTbkgc

Ab sofort im Handel:
Richard Brox (Hg.): Deutschland ohne Dach. Die neue Obdachlosigkeit, rororo https://www.rowohlt.de/buch/deutschland-ohne-dach-9783499011405

modernes köln Gesellschaft für Stadtentwicklung mbH – Umbau statt Liquidierung

Ein Einwurf von Jörg Frank zur wohnungspolitischen Diskussion in Köln

In der letzten Zeit haben sich verschiedene politische Kräfte für die Gründung einer ausschließlich von der Stadt zu steuernden Wohnungsgesellschaft zur Schaffung von sozialem Wohnraum ausgesprochen, darunter der BUND Köln, diverse zivilgesellschaftliche Initiativen, wie z.B. Arche für Obdachlose e.V., und seit kurzem auch die SPD.
Von den zivilgesellschaftlichen Befürwortern wird eine solche Gesellschaft nicht als Gegensatz zur GAG Immobilien AG positioniert, sondern als notwendige Ergänzung. Die GAG ist in ihren Handlungsmöglichkeiten aufgrund ihres Charakters als Aktiengesellschaft und ihrer Aktionärsstruktur bekanntlich eingeschränkt.
https://97dd9b6e-8b8e-47cc-9d6f-01592ee4eba6.usrfiles.com/ugd/97dd9b_1d68a5d3746a48ca957cb0f6b3e522e2.pdf

Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder

Wie ernst die Lage in den Frauenhäusern ist:  Die meisten Frauenhäuser waren im Jahr 2022 regelmäßig voll belegt. Eine Datenauswertung von CORRECTIV.Lokal zeigt erstmals, wie schwer es für gewaltbetroffene Frauen ist, einen freien Platz zu finden.
https://correctiv.org/aktuelles/2023/03/06/haeusliche-gewalt-frauenhaus-platz-finden/

Die derzeitige Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag festgehalten, dass „das Hilfesystem entsprechend bedarfsgerecht ausgebaut“ wird. Vereinbart wurde darin ebenfalls ein „bundeseinheitlicher Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern“. Derartiges ist bislang nicht geschehen.
https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf

Die in Deutschland uneingeschränkt geltende Istanbul-Konvention sieht vor, dass pro 10.000 Einwohner_innen 2,5 Plätze im Frauenhaus bereitgestellt werden – für eine Frau sowie ihre Kinder. Es wären also insgesamt 21.100 Plätze nötig, allerdings sind derzeit nur 6.800 vorhanden. Es fehlen demnach 14.300 Plätze.
https://taz.de/Bundesweite-Frauenhaus-Statistik/!5972196/

„Mehr als ein Dach über dem Kopf.
Wohnen hat Geschichte“

Über 5.600 Kinder und Jugendliche haben sich am 28. Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten „Mehr als ein Dach über dem Kopf. Wohnen hat Geschichte“ beteiligt- In den Projekten der ausgezeichneten Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen standen das Wohnen in Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, die Großwohnsiedlung Hannover-Mühlenberg, die NS-Vergangenheit eines Mieter- und Bauvereins, die Republik Polen im Emsland und die Häuserrückübertragungen im Gebiet der DDR nach der Wiedervereinigung 1989/1990 im Fokus. Mit kurzen Videos werden die fünf Projekte vorgestellt:
https://koerber-stiftung.de/projekte/geschichtswettbewerb/?utm_source=newsletter&utm_medium=email#msdynttrid=RWstja68n8Kaa3PGvrHDoPY3F1Snndf36sBZ70PRRrY

Zum Lesen

Christian Sperneac Wolfer: Die multiple Prekarität rumänischer Bauarbeiter in Deutschland
https://duepublico2.uni-due.de/rsc/viewer/duepublico_derivate_00077787/07_Sperneac-Wolfer_Prekaritaet.pdf?page=29

„Südosteuropäische Elendsmigration in Köln“  –  Forschungsbericht Mai 2013
https://soz-kult.hs-duesseldorf.de/forschung/forschungsaktivitaeten/einrichtungen/wohlfahrtsverbaende/Documents/Port%20Gulliver%20S%C3%BCdosteurop%C3%A4ische%20Elendsmigration%20in%20K%C3%B6ln%20-%20Forschungsbericht.pdf

Berichtsjahr 2016: Die Situation wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Frauen in der Stadt Köln
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=624760&type=do

Berichtsjahr 2018: Die Situation wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Frauen in der Stadt Köln
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=745888&type=do

Zum Unterschreiben

Köln muss mal
Die Zahlen zeigen eindeutig: Die öffentlichen Toiletten Kölns werden den Ansprüchen einer Großstadt nicht gerecht. Die Kampagne „Köln muss mal“ möchte dies ändern indem sie die Lage der Kölner öffentlichen sanitären Anlagen visualisiert und ihnen gesellschaftlichen Raum gibt. 
https://www.change.org/p/k%C3%B6ln-muss-mal?recruiter=906962212&utm_source=share_petition&utm_medium=facebook_messenger&utm_campaign=psf_combo_share_message&recruited_by_id=a49cf090-0179-11e9-a712-eb3705f3774b

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Armut abschaffen. Veranstaltung in des Paritätischen Köln am 15.11.2023 im Forum der VHS
https://www.youtube.com/watch?v=FsvH6_pTFiU

Kampf gegen Wohnungsnot
Scholz will neue Stadtteile bauen »wie in den Siebzigerjahren«
Der Bundeskanzler plädiert dafür, 20 neue Stadtteile aus dem Boden zu stampfen, um mehr Wohnraum zu schaffen. Das Bauen auf der grünen Wiese habe man in den vergangenen Jahren nicht gewollt, es sei aber notwendig.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wohnungsnot-scholz-will-20-neue-stadtteile-bauen-wie-in-den-siebzigerjahren-a-9a25f84e-6fcc-48c3-bd36-0a8c764ba46d

Bild: 300.000 Jobs fallen in der Bauindustrie weg
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/bauunternehmer-sprechen-krisen-klartext-300-000-jobs-sind-in-2-jahren-weg-86054954.bild.html

Herzlich willkommen bei der Baugenossenschaft mehr als wohnen
https://www.mehralswohnen.ch/

Wien:
Einrichtungen im Sozialbereich für wohnungs- und obdachlose Menschen arbeiten am Limit
https://www.jungewelt.de/artikel/462964.wohnungslosigkeit-auf-der-warteliste.html

Obdachlosigkeit: Wie Deutschland sie bis 2030 beenden will
2030 gibt es keine Obdachlosen mehr! EU-weit hat man es sich zum Ziel gesetzt, alle wohnungslosen Menschen unterzubringen. Das klingt ja mal nach einem guten Plan, der auch im Koalitionsvertrag steht. Doch wenn man vor die Tür geht, sieht die Realität noch anders aus. Ist das Vorhaben in sieben Jahren überhaupt noch zu schaffen? Wir treffen Menschen, die zwangsgeräumt werden, auf der Straße leben und fragen bei der zuständigen Staatssekretärin nach, was genau geplant ist. Ein Film von Susanne Blank und Gunnar Krupp Kamera: Gunnar Krupp, Sulaiman Tadmory, Han Park, Alena Jabarine Schnitt: David Diwiak, Gunnar Krupp Grafik: Jakob Rompkowski
https://www.youtube.com/watch?v=laGQj-qFcTQ

USA: Baby Boomer, obdachlos | ARTE Reportage
https://www.youtube.com/watch?v=VcJqQdJTKOg

Berlin: Zusammenarbeit bei Mini-Häusern steht vor dem Aus
https://www.tagesschau.de/inland/regional/berlin/rbb-zusammenarbeit-bei-mini-haeusern-fuer-obdachlose-steht-vor-dem-aus-100.html

Stadt Köln plant Erneuerung der Siedlung „Auf dem Ginsterberg“
https://www.report-k.de/stadt-koeln-plant-erneuerung-der-siedlung-auf-dem-ginsterberg/

SchuldnerAtlas
https://www.boniversum.de/aktuelles-studien/schuldner-atlas

Geschäft Wohnungslosigkeit: Warum Obdachlose für eine Unterkunft so viel blechen müssen
https://politik.watson.de/deutschland/analyse/988558189-obdachlos-warum-wohnungslose-fuer-notunterkuenfte-so-viel-blechen-muessen

Termine

18.11.2023, 11 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand, Friedrich-Engels-Str.7

18.11.2023, 14 Uhr, Ich bin armutsbetroffen, Breslauer Platz

04.12.2023, 19 Uhr, Recht auf Stadt. Offener Treff, Bürgerzentrum Alte Feuerwache

05.12.2023, 19 Uhr, Werner Rügemer: Wem gehört mein Wohnraum. Friedensbildungswerk

07.12.2023, 14 Uhr Rat der Stadt Köln.

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

18. November  2023
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

PS
Spendenaufruf
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Spendenkonto MachMit! e.V.  IBAN: DE53370501981011342704
Verwendungszweck:  Aktionsbündnis

Zur Besprechung der weiteren Aktionen treffen wir uns am Montag, den 4. Dezember um 19 Uhr im Offenen Treff vom Bürgerzentrum Alte Feuerwache

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