Rundbrief 128 vom 11. März 2023

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 128

Kundgebung gegen Leerstand, 11. März 2023, 11 Uhr, Neusser Str. 39

Im Haus Neusser Str.39 ist nur noch eine Wohnung bewohnt – vom Eigentümer des Hauses.
Der Wohnungsnotstand in der Stadt interessiert ihn nicht.

Immer wieder wurde darüber berichtet:

13.02.2022
Kölner Millionen-Immobilie Wende in Fall Geisterhaus – doch keine Zwangsversteigerung
https://www.express.de/koeln/immobilie-in-koeln-wende-im-fall-geisterhaus-86912

04.12.2020
Kölner Geisterhaus Statt Versteigerung für 1,6 Millionen – jetzt kommt alles anders
Die ehemalige Metzgerei Kuske ist seit etwa zehn Jahren verwaist – im Gebäude wohnt nur noch der Besitzer des Hauses.
https://www.express.de/koeln/koelner-agnesviertel-geisterhaus-zwangsversteigerung-abgesagt-61716?cb=1677935396125

O8.09.2020
Anwohner im Veedel rätseln Geschäft in bester Kölner Lage steht seit 10 Jahren leer
https://www.express.de/koeln/koeln-leerstand-geschaeft-in-bester-lage-steht-seit-10-jahren-leer-54391

Angesichts der über 5000 in Köln leerstehenden Wohnungen fällt dem Sozialdezernenten Dr. Rau zur von der EU geforderten Abschaffung der Obdachlosigkeit bis 2030 nur ein, dass sie nicht zu  erreichen ist. Wenn er nach der Zahl der auf der Straße lebenden Obdachlosen gefragt wird, spricht er immer von 300 Frauen und Männern. Wir meinen, dass es nicht sein kann, dass die Stadt Köln duldet, dass Obdachlose auf der Straße vegetieren, 30 Jahre früher sterben als der Bundesdurchschnitt, während 5000 Wohnungen leer stehen. Von Zweckentfremdung ist die Rede, wenn eine Wohnung über drei Monate leer steht. Am 14. Januar 2021 hat der Sozialausschuss die Unterbringung aller Obdachlosen in abschließbare Einzelzimmer beschlossen. Warum wurde das bei 5000 leerstehenden Wohnungen bis heute nicht umgesetzt?

Mindeststandards für die Unterbringung von Obdachlosen

Die Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hatte am 3. März 2023 zu einem digitalen Workshop eingeladen: „Qualitätsstandards in der ordnungsrechtlichen Unterbringung obdachloser Menschen“.  In diesem bürokratischen Kauderwelsch spiegelt sich das Elend der Obdachlosen, die mehr oder weniger schlecht verwaltet werden. Lukas Lehmann vom Kieler Anker ( https://kieleranker.de ) kommentierte treffend: „Das Ziel muss ein regulärer Wohnraum sein, nicht die Verbesserung der Unterbringung.“ Und er hatte darauf verwiesen, wie weit der Weg dahin ist. Denn selbst wenn morgen für die Notunterkünfte Bedingungen gesetzlich vorgeschrieben würden, die allen Wünschen der Obdachlosen entsprächen – es müsste sich in den Häusern, in denen zur Zeit Obdachlose untergebracht werden, baulich so viel ändern, was wiederum viel Zeit und Geld kosten dürfte. 

Wie trostlos die Lage ist, hatte Ronen Steinke am 18.Januar 2023 in der Süddeutschen kommentiert: „Es gibt in Deutschland nicht genügend passende Übernachtungsplätze für obdachlose Menschen. Das ist eine empirische Tatsache, die von Hilfsorganisationen landauf, landab beklagt wird, vorneweg von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Mindestens 37 400 Menschen leben komplett auf der Straße, so lautet die eigene, vorsichtige Schätzung der Bundesregierung in ihrem Wohnungslosenbericht, der erst einen Monat alt ist.“

Vom Leerstand und dem Besetzen der leerstehenden Häuser und Wohnungen war auf dem Workshop nicht die Rede. Da in den Großstädten mehr Wohnung leer stehen als Obdachlose auf der Straße leben, ist die Beschlagnahme dieser Wohnungen ein möglicher Weg, um die Obdachlosen schnellstmöglich aus ihrem Elend zu befreien.

„In vielen Kommunen geistert immer noch der Mythos herum, dass eine gute und angemessene Unterbringung von obdachlosen Menschen dafür sorgt, dass noch mehr obdachlose Menschen in der Gemeinde auftauchen würden.“

Auch die Stadt Köln muss sich von diesem Mythos verabschieden und die endliche Unterbringung aller Obdachlosen in abschließbare Einzelzimmer umsetzen.

Links:

Claudia Engelmann: Notunterkünfte für Wohnungslose menschenrechtskonform gestalten. Deutsches Institut für Menschenrechte
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Analyse_Studie/Analyse_Notunterbringung_Wohnungsloser.pdf

MAGS NRW: Empfehlungen zur Ausgestaltung der ordnungsrechtlichen Unterbringung von wohnungslosen Menschen
https://broschuerenservice.nrw.de/mags/shop/Empfehlungen_zur_Ausgestaltung_der_ordnungsrechtlichen_Unterbringung_von_obdachlosen_Menschen./4

Ergebnisbericht 2022. Zeit für Gespräche
https://zeitdersolidaritaet.de/2023/01/13/ergebnisbericht-2022-zeit-fuer-gespraeche

Die Nachtlager

Ich höre, dass in New York
An der Ecke der 26. Straße und des Broadway
Während der Wintermonate jeden Abend ein Mann steht
Und den Obdachlosen, die sich ansammeln
Durch Bitten an Vorübergehende ein Nachtlager verschafft.

Die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt
Aber einige Männer haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße.

Leg das Buch nicht nieder, der du das liesest, Mensch.

Einige Menschen haben ein Nachtlager
Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten
Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße
Aber die Welt wird dadurch nicht anders
Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich dadurch nicht
Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt.

Bertolt Brecht (1931)

MIPIM – Theo world’s leading real estate market event

https://www.mipim.com/

Die European Action Coalition (EAC), die auch die Housing Action Days ins Leben gerufen hat, ruft zu Protesten gegen die Messe MIPIM auf:

Aufruf zum Handeln: WAS MACHEN SIE AUF DER MIPIM?

Konfrontieren Sie Ihre lokalen Behörden und prangern Sie deren Teilnahme an der MIPIM – der Immobilienmesse in Cannes, Frankreich – an! Vom 14. bis 16. März findet in Cannes die größte Immobilienmesse der Welt statt. Dieses Jahr ruft das Europäische Aktionsbündnis für das Recht auf Wohnen und Stadt (EAC) zu dezentralen Aktionen auf, um demokratisch gewählte Behörden zu entlarven, die sich am Ausverkauf unserer Städte auf der MIPIM beteiligen.

 „Vertreter von Banken, Immobilienagenturen, Versicherungs- und Baufirmen, Investmentfonds, Architekten… treffen sich, um ihre Geschäfte zu feiern. Wir prangern die Teilnahme demokratisch gewählter kommunaler und regionaler Vertreter an dieser Party und am Ausverkauf unserer Städte und Gemeinden an. Dieses Geschäft hinter verschlossenen Türen muss ein Ende haben, und deshalb startet der EAC die Kampagne „Was machen Sie auf der MIPIM?“
https://housingnotprofit.org/stopmipim2023/

Für Deutschland werden drei Regionen vorgestellt im „German pavillion“
Hannover City and Region, Leipzig City and the Rhine-Neckar Metropolitan Region
https://www.mipim.com/en-gb/who-is-coming.html

Zum Lesen


Nora Sellner: Alltägliche Bewältigungspraxen obdachloser Menschen: Verlag Barbara Budrich
Die Lebenslage von obdachlosen Menschen ist gekennzeichnet von Ressourcenarmut, existenzieller Bedrohung und sozialer Exklusion. Entsprechende Bewältigungspraxen stehen im Spannungsfeld mit gesellschaftlich hergestellten Normen und Normalitätsvorgaben.
https://www.socialnet.de/rezensionen/29050.php

Erste systematische Untersuchung der Lebenslagen wohnungsloser Menschen
https://www.ebet-ev.de/nachrichten-leser/erste-systematische-untersuchung-der-lebenslagen-wohnungsloser-menschen.html

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Interview mit Dagmara Lutoslawska, Psychologin in der Wohnungslosenhilfe: „Ich muss das, was gerade ist, nutzen“
https://www.aerzteblatt.de/archiv/229195/Interview-mit-Dagmara-Lutoslawska-Psychologin-in-der-Wohnungslosenhilfe-Ich-muss-das-was-gerade-ist-nutzen

Stadt will mehr Wohnungen selbst bauen
In Mönchengladbach bauen Investoren wegen hoher Zinsen du Materialkosten kaum noch Wohnungen., das könnte auch noch Jahre andauern. Jetzt will die Stadt aktiv werden – und auch eine Art Quote für Sozialwohnungen einführen.
https://rp-online.de/nrw/staedte/moenchengladbach/bauen-kaufen-wohnen/moenchengladbach-stadt-will-mehr-wohnungen-selbst-bauen_aid-83169891

Erhalten statt abreißen
Kommunale Baupolitik muss umdenken
Durch den Abriss von Gebäuden entstehen in Deutschland 230 Millionen Tonnen Schutt pro Jahr. Trotzdem wird auf Sanierungen oft verzichtet. Zu Unrecht, meint der Journalist Peter Pauls. Letztlich nachhaltig sei nur, bauen zu vermeiden.

https://www.deutschlandfunk.de/kommunale-baupolitik-erhalten-abreissen-100.html

Comic über Obdachlosigkeit: Aus dem sozialen Dunkel
Der Comiczeichner Sebastian Lörscher gibt in „Schatten der Gesellschaft“ einen Einblick in das Leben Berliner Obdachloser.
https://taz.de/Comic-ueber-Obdachlosigkeit/!5917958&s=Christoph+Haas/

Erdgas: Wie Stadtwerke die Gaslobby finanzieren
https://correctiv.org/aktuelles/klimawandel/2023/02/22/erdgas-wie-stadtwerke-gas-lobby-finanzieren/

Holzmafia – der große Waldraub
Intakte Wälder sind wichtig für den Klimaschutz. Intakte Wälder werden aber auch im Namen des Klimaschutzes abgeholzt – denn die EU definiert Holz als klimaneutralen Brennstoff. Unser europäischer Hunger nach Holzenergie befeuert ein riesiges und kriminelles Geschäft auf der ganzen Welt. 
https://www.ardaudiothek.de/episode/11km-der-tagesschau-podcast/holzmafia-der-grosse-wald-raub/tagesschau/12427433/

Leerstand trotz Wohnungsnot
Die Brennpunktviertel von Duisburg
Verwahrloste Schrottimmobilien, steigende Migrationszahlen, mangelhafte Integration – Duisburg hat von allem zu viel. Auf der Schattenseite – SPIEGEL TV über Menschen, die ihre alte Heimat vermissen.
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/die-brennpunktviertel-von-duisburg-leerstand-trotz-wohnungsnot-spiegel-tv-a-bae80425-893f-4869-a8a4-c97da3af6b4b

Politik macht Druck Verschimmelt und marode – Zustände von Hochhäusern in Köln-Chorweiler immer schlimmer
https://www.express.de/koeln/koeln-politikerin-kritisiert-zustaende-in-hochhaeusern-in-chorweiler-497655

Termine

11.03.2023, 11 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand, Neusser Str.39

17.03.2023, 13.00 bis 15.30 Uhr, Ein Jahr Arche am Bergischen Ring.
https://www.arche-obdach.org/obdachlosenhilfe/


18.03.2023, 11 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand

23.03.2023, 15  Uhr, Kundgebung vor dem Rat, Theo Burauen Platz

25.03.2023, 11 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand, Friedrich-Engels-Str.7

25.03.2023 Housing Action Day

29.03.2023, 19 Uhr, Wohnungsbau und Wohnungspolitik in Köln. DGB Haus Köln


21.04.2023. 13 – 15 Uhr Digitaler Workshop: Versorgung von Menschen aus dem EU-Ausland ohne Sozialleistungsansprüche in Deutschland. Anmeldung über den link
https://ssl-sug.carinet.de/slus/anmeldeseite-kagw-21-04-23-versorgung-von-menschen-aus-dem-eu-ausland-ohne-sozialleistungsansprueche-in-deutschland


Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

11. März 2023
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

PS
Spendenaufruf
Um unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter zu verbessern, brauchen wir Geld:
Spendenkonto MachMit! e.V.  IBAN: DE53370501981011342704
Verwendungszweck:  Aktionsbündnis

Diese Website verwendet Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie zu.

Social Share Buttons and Icons powered by Ultimatelysocial
Facebook