Rundbrief 176 vom 10.Februar 2024

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 176

Kalle für alleDüsseldorf ohne ObdachlosigkeitVerdrängung in KölnKneipensterbenzum LesenSendungen, Meldungen, NachrichtenTermine

10 Jahre „Kalle für alle“

Am 20. Februar 2014 wurde Kalle Gerigk zwangsgeräumt. Er hat damals unglaublich viel Solidarität erfahren, die er  bis heute weitergibt. Adnan Akyüz hat davon im Express berichtet
https://www.express.de/koeln/koelner-miet-rebell-kalle-gerigk-ueber-aktuelle-anti-afd-demos-731110

Düsseldorf – die erste Stadt ohne Obdachlosigkeit

Als wir mal mit Sozialdezernent Rau über die Abschaffung der Obdachlosigkeit sprachen – dass es möglich wäre, alle von der Straße in die Leerstände zu holen -, hat er geantwortet, dann kommen andere nach.

Er hat Angst die Obdachlosigkeit abzuschaffen, weil dann eventuell andere nachkommen und behauptet gleichzeitig, dass er die Obdachlosigkeit bis 20230 abschaffen will. Da er selbst weiß, dass das mit jährlich gebauten 1000 Sozialwohnungen nicht geht, sollte er erklären, warum er trotzdem als Sozialdezernent wiedergewählt werden will.

Flüchtlinge haben wir gerne aufgenommen, auch im Bewusstsein, dass andere nachkommen. Zurecht gilt für sie weiterhin, dass sie willkommen sind. Bei Obdachlosen soll das in Köln nicht gehen?

Da ist es erfrischend Michael Busch aus Düsseldorf zu hören: „Ich habe dann gesagt, dass ich unter einer Bedingung mitmache: Dass wir die erste Stadt in Deutschland werden, in der keiner mehr auf der Straße leben muss.“

 „Niemand soll in Düsseldorf auf der Straße leben müssen“                                 15.01.2024
https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/michael-busch-kaempft-fuer-housing-first_aid-103724505

„Düsseldorf solle eine Stadt sein, in der niemand auf der Straße leben muss“       20.12.2021
https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-soll-eine-stadt-sein-in-der-niemand-auf-der-strasse-leben-muss_aid-64683813

Keine Verdrängungssituation in Köln?

„Für eine Stadt ohne Armut“ –  unsere Forderung, die am Ende jedes Rundbriefs steht, will in der Kölner Politik nicht ankommen. 

Am 1. Februar 2024 hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit allen Dezernentinnen die wichtigsten Pläne für 2024 vorgestellt. Der Stadt-Anzeiger zitierte Frau Reker am 2.2.2024 so:  „Die Sichtbarkeit von Armut wird ein Stück weit bestehen bleiben. Wir werden keine Verdrängungssituation für Obdachlosigkeit herstellen.“

Die Redakteure der Kölnischen Rundschau schrieben: Sichtbare Armut sei nicht einfach aus dem Stadtbild zu verdrängen, sagte sie mit Blick auf Obdachlosigkeit. „Das geht in München, das geht in Düsseldorf, aber in Köln geht es nicht, weil ganz viele damit nicht einverstanden sind“, sagte Reker. Ordnungsdienste würden immer wieder erleben, wenn sie Junkies oder Bettelnde ansprechen, dass die Bürgerinnen und Bürger diesen zur Seite springen. (KR 02.02.2024)

Am 23.2.2023 fand das Treffen des AK Obdachlosigkeit mit Sozialamtsleiterin Katja Robinson zum „Kölner Konzept gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit“ im „Veedelszimmer Eigelstein statt. Im Protokoll ist zu lesen: „Für die Trinkerszene aus EU-Ländern ist nicht das Sozialamt zuständig, sondern die Polizei, das Ausländeramt und/oder der Ordnungsdienst. Da müsse man auch in Richtung „Giuliani-Politik“ gehen, um Pull-Effekte zu vermeiden.“

Wer „Guiliani und Obdachlose“ googelt, findet solche Nachrichten: „Giuliani hat Obdachlosen verboten, auf der Straße zu schlafen. Nun kann die Polizei jeden, den sie auf einer Parkbank erwischt, auf „Rykers Island“ einliefern, der Gefängnisinsel im East River. „In einer zivilisierten Gesellschaft sind die Straßen nicht zum Schlafen da.“ befand der Bürgermeister
https://www.tagesspiegel.de/politik/burgermeister-rudolph-giuliani-will-die-armsten-der-armen-von-der-strasse-holen-642985

Warum in reichen Städten wie New York und Köln überhaupt Menschen auf den Straßen verelenden und sterben wird nicht erklärt.

Es war einmal:

Wie war zu Köln es doch vordem.

Mit Holzbänken so bequem!

Denn, war man müde, man legte sich.

Hin auf die Bank und pflegte sich

Die Verdrängungssituation, von der Frau Reker sagt, dass sie für Obdachlosigkeit nicht hergestellt werde, – wurde in Köln hergestellt. In der U-Bahn, auf den Bahnsteigen, auf Straßen und Plätzen – überall nur noch Obdachlose abweisende Sitzgelegenheiten oder noch weniger: Anlehnungen. Eltern, die ihren Kindern zeigen wollen, wie es früher einmal war, finden in der Flora Dutzende schöne alte Bänke.

Hier geht es zur Geschichte der Obdachlose abweisenden Archtektur:

https://de.wikipedia.org/wiki/Defensive_Architektur

Kneipensterben

Martin Sonneborn schreibt zum Kneipensterben, bissig, wie wir ihn kennen: 😆

Langsam reicht’s, Ampel.

Menschen brauchen Kneipen. Wenn wir hören, dass jede vierte vor der Insolvenz steht, müssen wir weinen. Wir wären ziemlich hart im Nehmen, wenn z.B. Starbucks oder McDonald`s endlich stürben, aber ECHTE KNEIPEN wollen wir nicht kaputt gehen sehen. Jedesmal stirbt dann nämlich auch ein Engel, und wer kann schon Engel sterben sehen. In diesen Zeiten. Eher lassen wir Krauss-Maffei untergehen, die Lufthansa, Airbus oder Bosch und Bayer.

In Kneipen, als „Salons der Armen“ einst bedeutende Stützpfeiler im Leben von Arbeitern, wird eine ganze Kultur komplexer Verhaltensweisen gelebt, die nirgendwo sonst vorkommen: von der Diskussion über die toten Winkel der Ontologie über die solide Planung der kommenden Weltrevolution (am nächsten Tag leider: vergessen) bis zur Bestellung sieben frisch gezapfter großer Biere mit Schaum obendrauf plus drei Kleine (Bier zum Bier), zzgl. 12 mal Herrengedeck & fünf Flaschen Wegbier – mit einem einzigen Blick zum Tresen.

In der Hauptsache ist eine Kneipe kein physikalischer, sondern ein sozialer Raum, dessen Teilnehmer sich in „ausfaltbarer Handlungssubjektivität“ aufeinander beziehen. Ein Kneipenbesuch unterscheidet sich grundlegend von Fußball, Kino oder Internet; Veranstaltungen also, deren Prinzip – auch wo Leute in Massen auftreten – die VEREINZELUNG ist, stehen Dr. Flotte, Fischlabor, Hackbar und das Gasthaus Lentz diametral entgegen. Als „eine auf Teilnahme, Kollektivität und Aktivität hin angelegte Institution“ ist die Kneipe der Garant „individueller Resistenz gegen die ständige Umwälzung der Lebenszusammenhänge“ und „die Unverschämtheit kommerziell-freizeitindustrieller und massenmedialer Ausbeutung der Privatsphäre“. Und sie schützt davor zuverlässiger „als die verschlossenen Wände des Wohnzimmers“.

Da das wohl erst mal alles ist, was wir tun können, werden wir eine Neuauflage des unterschätzten Klassikers „Die Kneipe. Soziologie einer Kulturform“ (Franz Dröge/Thomas Krämer-Badoni) herausbringen, um ihn kapitelweise in das tägliche Briefing der zuständigen Bundesminister einzuspeisen.

Und bedient wird ja wohl hoffentlich keiner mehr von denen. An keinem Tresen der Welt.

Aus: Sonneborn, Latour „99 Ideen zur Wiederbelebung der politischen Utopie“, KiWi

https://www.instagram.com/martinhsonneborn/p/C24pJGNI13z/

Zum Lesen

Nachdem die soziale Ungleichheit so extrem angestiegen ist, wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik, gibt es Tatsache den
Erster Zusammenhaltsbericht
https://fgz-risc.de/bibliothek/zentrale-publikationen/zusammenhaltsbericht

Steuer-Revolution! Ein Konzept zur Rückverteilung von Reichtum, zu mehr Gerechtigkeit und Klimaschutz
https://www.attac.de/startseite/teaser-detailansicht/news/steuer-revolution-konzept-zur-rueckverteilung-von-reichtum

Matthew Desmond – Zwangsgeräumt in den USA
https://www.deutschlandfunk.de/matthew-desmond-zwangsgeraeumt-100.html

Korruptionswahrnehmungsindex 2023 von Transparency International
https://www.transparency.de/cpi/cpi-2023

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Alleinerziehende sind in NRW bei der Wohnungssuche meist chancenlos
https://www.ksta.de/politik/nrw-politik/alarmierender-bericht-alleinerziehende-sind-in-nrw-bei-der-wohnungssuche-meist-chancenlos-730489

Berlins Regierende wollen Obdachlosigkeit
Obdachlosigkeit ist die moderne Version des Prangers, meint Nathaniel Flakin
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179688.kapitalismus-berlins-regierende-wollen-obdachlosigkeit.html

In der Schweiz werden jedes Jahr Tausende Häuser abgerissen. Das hat gravierende ökologische, ökonomische und wohnpolitische Folgen.
https://abriss-atlas.ch/

Die Wohnung ist ein soziales Gut – kein Spekulationsobjket. Doch was kümmert es die Eigentümer?
https://www.nachdenkseiten.de/?p=110448

Das vergiftete Geschenk
Die Idee Mietern von Sozialwohnungen den Weg zum Eigentum zu bahnen, machte die Reichen reicher
https://www.pressreader.com/austria/der-standard/20240203/282454238882521

Mieten in deutschen Metropolen gehen durch die Decke
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Mieten-in-deutschen-Metropolen-gehen-durch-die-Decke-article24711215.html

Wohnung first, Bedenken second
https://kreuzer-leipzig.de/2024/02/02/wie-menschen-durch-das-housing-first-projekt-der-stadt-leipzig-wieder-ins-leben-finden

Österreich beschreitet den finnischen Weg und holt Tausend Obdachlose mit Housing First von der Straße
https://de.euronews.com/2024/02/05/wow-meine-wohnung-so-will-osterreich-obdachlose-von-der-strasse-holen?

„Obdachlose haben keinen Feierabend“
Janita-Marja Juvonen hat selbst 14 Jahre lang auf der Straße gelebt. In ihrem Buch „Die Anderen“ beschreibt sie die Realität der Obdachlosigkeit.
https://taz.de/Ex-Obdachlose-ueber-Obdachlosigkeit/!5987200&s=juvonen/

Dauerbrenner Betriebskostenabrechnung. Unsere Rechtsberaterin Ceylan Dogan wurde von ZDF heute dazu befragt und verrät, warum es sich lohnt, die Abrechnung jährlich prüfen zu lassen und welche Fehler uns immer wieder auffallen.
https://www.zdf.de/nachrichten/ratgeber/betriebskostenabrechnung-nebenkostenabrechnung-nachzahlung-pruefen-100.html

Caren Lay: Die Mietpreise werden immer weiter angehoben, nicht nur in den 10 teuersten Mietstädten. Das kann sich kaum noch jemand leisten. Die Nebenkosten kommen noch obendrauf. Es braucht jetzt sofort einen #Mietenstopp und einen bundesweiten #Mietendeckel
https://twitter.com/CarenLay/status/1755160920651645422

„Historisch einmalig“: Immobilienpreise 2023 so stark gesunken wie seit 60 Jahren nicht
https://www.gmx.net/magazine/wirtschaft/historisch-einmalig-immobilienpreise-2023-stark-gesunken-60-jahren-39299230

Termine

15.02.2024, 20-21:30 Die Link diskutiert David Harvey: Rebellische Städte. Im Sitzungssaal der Fraktion (Spanischer Bau, Rathausplatz 1, Raum B027)

17.02.2024, 11 Uhr Protest gegen GAG-Leerstand, Ricarda Huch Str.31

19.02.2024, 17:30 Uhr, Braucht es einen qualifizierten Mietspiegel? Bürgerzentrum Deutz

20.02.2024, 19:30 Uhr, Muß eine Wohnungsbau-Aktiengesellschaft renditeorientiert arbeiten? Die Linke, Spanischer Bau, Rathausplatz 1, Raum B027
https://nrw.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/RLCZA/wohnungsbau-oekologisch-nachhaltig-gemeinwohlorientiert

22.-24.02.2024 Fragile Behausungen. Prekäres Wohnen und Wohnungslosigkeit in Zeiten multipler Krisen.
https://wohnungslosenstiftung.org/media/com_acym/upload/Programm_Wolokon24_beta.pdf

29.02.2024, 15:30 Uhr Sozialausschuss

21.03.2024, 15:30 Uhr, Rat

01.-07.04.2023 Housing Action Week 2024

07.-09.06.2024 Das 10. Recht auf Stadt-Forum in Berlin
https://rechtaufstadt-forum.de/

10.-11.06.2024 Betreutes Wohnen nach der Haftentlassung. Bürgerzentrum Ehrenfeld
https://www.dbh-online.de/veranstaltungen/fachtagung/fachgespraech-betreutes-wohnen-nach-der-haftentlassung

11.09.2024 Tag der Wohnungslosen

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

10. Februar  2024
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

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