Rundbrief 97 vom 6. August 2022

(1)[Tödliche Zwangsräumung](2)[Jährlich 3.000 neue Sozialwohnungen für Köln](3)[Wann werden Geflüchtete und Obdachlose gleichbehandelt](4)[Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder](5)[Sendungen, Meldungen, Nachrichten](a)[Wohnungsbau in Köln seit 2010](b)[Vonovia](c)[Stern-TV](d)[Berliner Mieter](e)[Leerstand von Wohnungen in Stuttgart](f)[Leerstand](g)[Kunst-trotz(t)-ausgrenzung.de/](6)[Leseempfehlungen](7)[Termine][8. Oktober – Bundesweiter Aktionstag]

1. Tödliche Zwangsräumung

Trauerkundgebung

„Zwangsräumungen zerstören Leben“
6. August 2022, 14 – 17 Uhr,
Gernsheimer Straße 17

lieber Stadtanzeiger,

der Todesschuss der Polizei auf einen Mieter der LEG, der seine Wohnung gewalttätig mit einem Messer gegen eine Zwangsräumung verteidigt hat, hat uns alle tief erschüttert. 

Der Kampf um den verbliebenen Wohnraum in dieser Stadt, der für die untere Hälfte der Einkommensgruppen zunehmend unerschwinglich wird, hat, nach zahllosen Besetzungen und Räumungen, in den letzten Jahren eine neue, besorgniserregende Stufe erreicht. 

Jeden Montag Abend werden wir in der Sozialberatung des SSM mit Fällen drohender Zwangsräumungen konfrontiert, jede Woche lernen wir die Fälle meist älterer Menschen kennen, die auf diese Weise ihre Wohnungen verloren haben und seit Jahren auf der Straße vegetieren oder in städtischen Billigpensionen, ohne Aussicht, jemals wieder eine Wohnung zu erhalten.

Seit Jahren warten wir auf Maßnahmen der Stadt und des Landes, die diesem Missstand abhelfen indem sie endlich wieder in ausreichendem Maße Wohnraum schaffen- bisher ist es bei warmen Worten geblieben. 

Wir sollten uns dabei in Erinnerung rufen:

es geht bei dieser Auseinandersetzung um eine Zwangsräumung zunächst einmal lediglich um EIGENTUM, also um eine SACHE, nicht um Menschenleben. 

Wegen der Durchsetzung von EIGENTUMSRECHTEN zur Waffe zu greifen ist rechtlich zwar möglich, widerspricht aber grundsätzlich unserer Auffassung von Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und von Menschenwürde. 

Von daher kann dieser Todesschuss nicht rechtens sein. 

Es gibt andere Mittel, soziale Konflikte zu befrieden, als Schusswaffen, das sollte die Polizei am Besten wissen…

Hinzu kommt, dass die Wohnung, um deren Besitz gekämpft wurde, der LEG gehören soll, einer ursprünglich Landesgesellschaften, die, auch wenn sie heute privat ist, an erster Stelle der Wohnungsversorgung der Bevölkerung verpflichtet ist, und nicht dem Profit. 

Des Weiteren ist zu fragen, wo das städtische Wohnungsamt bzw. die städtische „Fachstelle Wohnen“ war, deren selbst übernommene Aufgabe es ist , Zwangsräumungen zu verhindern und damit die drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden. 

Wir fordern jetzt einen städtischen Sofortplan für eine ausreichende Wohnungsversorgung unter dem Titel „WOHNRAUM FÜR ALLE“ 

und ein Verbot aller Zwangsräumungen, solange kein vollwertiger Ersatz zu Verfügung steht. 

Mit dem Abdruck als Leserbrief bin ich einverstanden. 

Rainer Kippe, SSM

https://www.ksta.de/koeln/polizei-erschiesst-mieter-wie-eine-zwangsraeumung-in-koeln-ostheim-eskalierte-39855278

2. Jährlich 3.000 neue Sozialwohnungen für Köln

Am 24.01.2016 meldete die Kölnische Rundschau, dass in Köln künftig mehr Sozialwohnungen entstehen sollen.
https://www.rundschau-online.de/region/koeln/wohnungsbau-im-visier-in-koeln-sollen-kuenftig-mehr-sozialwohnungen-entstehen-23476888

Als die Stadt Köln mit den Dachverbänden der Wohnungswirtschaft im März 2016 die Belegungsvereinbarung für geförderte Wohnungen erneuerte, erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker:
„Ich sehe die neue Belegungsvereinbarung gleichzeitig als einen wichtigen Impuls an die Wohnungswirtschaft zu mehr Investitionen in den geförderten Wohnungsbau, der in Köln so dringend benötigt wird.“
https://www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/presse/oberbuergermeisterin-bekraeftigt-kooperation-mit-der-wohnungswirtschaft?kontrast=weiss

Seither ist die Zahl der geförderten Wohnungen in der Stadt Jahr für Jahr gesunken.

Im Jahr 2021 konnten in Köln noch 37.916 öffentlich geförderte Mietwohnungen gezählt werden. Dies entspricht einem Anteil am gesamten Wohnungsbestand der Stadt von 6,7 Prozent. 1990 waren noch 22,2% aller Wohnungen gefördert.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1315037/umfrage/anteil-der-oeffentlich-gefoerderten-mietwohnungen-in-koeln/

Grüne und Volt haben im Wahlkampf betont, dass Wien in der Wohnungsfrage für sie ein Vorbild ist, an dem sie sich orientieren wollen. 

Wien hat seit vielen Jahrzehnten konstant 6.000 bis 7.000 geförderte Wohnungen im Jahr gebaut. Der geförderte Wohnbau wird in erster Linie über die Genossenschaften abgewickelt und über Bauträgerwettbewerbe vergeben
https://taz.de/Stadtplanerin-ueber-Wohnen-in-der-Zukunft/!5867447&s=Ralf+Leonhard/

Die Stadt Wien ist mit 1,9 Millionen Einwohnern nicht ganz doppelt so groß wie Köln. 

Wieso kann Köln mit den Wohnungsgenossenschaften nicht jährlich 3.000 geförderte Wohnungen bauen? 

3. Wann werden Geflüchtete und Obdachlose gleich behandelt?

Josef Ludwig, der ehemalige Chef des Kölner Wohnungsamts, hat im Interview im Stadt-Anzeiger gesagt, für die Flüchtlinge sei es „immer das Ziel, möglichst kleine Unterkünfte bereitzustellen. Vor dem Ukrainekrieg hatten wir es geschafft, 85 Prozent der Geflüchteten in abgeschlossenen Wohneinheiten unterzubringen.“
https://www.ksta.de/koeln/interview-mit-wohnungsamtschef–bauen-wird-jetzt-unheimlich-teuer–39843380

Warum nicht dieselben Anstrengungen wie für die Flüchtlinge auch für die Obdachlosen gebracht werden, ist kein Thema im Rat der Stadt Köln und auch der Stadt-Anzeiger thematisiert diese Ungleichbehandlung im Gespräch mit Ludwig nicht.

4. Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder

Die britische Psychologin und Feministin Jessica Taylor brachte es vor einiger Zeit auf den Punkt, als sie auf Twitter sinngemäß schrieb, gewalttätige Männer verlören gegenüber ihrer Partnerin nicht die Kontrolle. Vielmehr übten sie Macht aus – und zwar so, wie sie es gegen ihren Chef und andere Autoritäten nie tun würden.
https://www.spiegel.de/ausland/femizide-warum-spanien-uns-beim-kampf-gegen-frauenmorde-ein-vorbild-sein-sollte-a-a8ca95a0-2dea-4fba-8132-81eb60e1e413

5. Sendungen, Meldungen, Nachrichten 

Wohnungsbau in Köln seit 2010

In der aktuellen Ausgabe 7/2022 der Kölner Statistischen Nachrichten, wird über den Wohnungsbau in Köln seit 2010 informiert:
https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf15/statistik-bauen-und-wohnen/ksn_7_2022_auswertung_der_amtlichen_bautaetigkeitsstatistik_2021.pdf

Vonovia

Vonovia will Wohnungen im Wert von 13 Milliarden Euro verkaufen https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/vonovia-immobilienkonzern-will-wohnungen-im-wert-von-13-milliarden-euro-verkaufen-und-steigert-gewinn-massiv-a-2b5b1ab9-74c1-4f09-bdab-0ecaa4f948f6

Mehr Profit wagen
Wohnungskonzern Vonovia verzeichnet in Halbjahresreport kräftige Ausbeute. Weitere Gewinnsteigerungen geplant
https://www.jungewelt.de/artikel/431836.immobilienhaie-mehr-profit-wagen.html

Stern TV little homes

https://www.facebook.com/sterntv/videos/little-home-nie-wieder-obdachlos-stern-tv/1778211835691783/

Berliner Mieter

Verbesserungen für Berliner Mieter gibt es nur durch schärfere Gesetze
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey wollte mit der Unterzeichnung des Mieten-Bündnisses die Konfrontation mit der Immobilienwirtschaft beenden. Das Ergebnis ist ernüchternd.
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verbesserungen-fuer-berliner-mieter-gibt-es-nur-durch-schaerfere-gesetze-li.245658

Und im Bund verhindert die FDP wirksame Mietregulierungen und blockiert die schon längst versprochene Reform des kommunalen Vorkaufsrechts.

https://taz.de/Neubau-ist-kein-Allheilmittel/!5868816/

Leerstand von Wohnungen in Stuttgart

Land will nicht gegen „Orte der Schande“ vorgehen
Vertreter von Städten mit Wohnungsnot wollen Eigentümer von jahrelang leer stehenden Gebäuden nicht belangen. Der Mieterbund kritisiert das zuständige Ministerium.Als „Orte der Schande“ bezeichnet der Vorsitzende des Mieterbundes Baden-Württemberg und Stuttgarter Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann Wohnhäuser, die wie im Stadtteil Heumaden schon zehn Jahre und mehr leer stehen
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.leerstand-von-wohnungen-land-will-nicht-gegen-orte-der-schande-vorgehen.f6f5336f-e026-4a79-99bf-4b8539f0721f.html

Leerstand

Matthias Holland-Letz

Köln-Nippes, Kuenstrasse 36. Anwohner berichten, dass vier Wohnungen seit Jahren leer stehen. Das Wohnungsamt weiß von dem Leerstand: Es seien Sanierungsarbeiten geplant. Wegen des Denkmalschutzes gestalte sich die Planung zur Sanierung zeitaufwendig. – Ich behalte das Haus im Auge. (Stand: 18.7.2022)

Historischer Mietenwahnsinn Vor 150 Jahren sorgte eine Zwangsräumung in der Berliner Blumenstraße für Proteste und Krawall. Die Konflikte um Wohnraum gibt es aber bis heute

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1165340.mietenproteste-historischer-mietenwahnsinn.html

Ausstellung: Kunst trotz(t) Ausgrenzung

https://kunst-trotzt-ausgrenzung.de/

„Unverständlich“ Was der Kölner Haus- und Grund-Verein von der neuen Grundsteuer hält
https://www.rundschau-online.de/region/koeln/-unverstaendlich–was-der-koelner-haus–und-grund-verein-von-der-neuen-grundsteuer-haelt-39855770

Hohe Nachfrage nach sozialer Wohnraumförderung in Baden-Württemberg
https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/hohe-nachfrage-nach-sozialer-wohnraumfoerderung-1/

6. Leseempfehlungen

Ein Interview mit Nancy Fraser in der aktuellen WoZ

https://www.woz.ch/2231/nancy-fraser/wir-haben-den-begriff-der-arbeit-viel-zu-eng-gefasst

„Enteignung schafft keine einzige Wohnung“

https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Argumente/lux_argu_20_Enteignung_07-22.pdf

Analyse: Notunterkünfte für Wohnungslose

Analyse
Notunterkünfte für Wohnungslose menschenrechtskonform gestalten
Leitlinien für Mindeststandards in der ordnungsrechtlichen Unterbringung
Claudia Engelmann
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Analyse_Studie/Analyse_Notunterbringung_Wohnungsloser.pdf

Frank Eckardt (Hrsg.): Schlüsselwerke der Stadtforschung 

Rezensiert von Prof. Dr. Detlef Baum, 13.06.2017 https://www.socialnet.de/rezensionen/22590.php

Neue Verfassung in Chile über die im September 2022 abgestimmt werden soll
KAPITEL II – UNVERÄUßERLICHE GRUNDRECHTE
Artikel 51
1. Jede Person hat das Recht auf eine menschenwürdige und angemessene Wohnung, die die freie Entfaltung des persönlichen, familiären und gemeinschaftlichen Lebens ermöglicht.
https://www.amerika21.de/2022/07/258957/verfassungsentwurf-chile-vorgelegt  

7. Termine

06.08.2022, 11- 13 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand, Friedrich-Engels-Straße 7

O6.08.2022, 14 Uhr, Trauerkundgebung Zwangsräumung tötet. Gernsheimer Straße 17

06.08.2022, 15 Uhr, Demo „Für kostenlosen Nahverkehr“. Wiener Platz

15.08.2022, 16 bis 20 Uhr. Echte Gleichberechtigung auf dem Kölner Wohnungsmarkt
Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln.

17.-21.08 2022, European Summer University, Uni Mönchengladbach mit einem Forum und zwei Workshops zum Thema Wohnen
https://www.esu22.eu/en/home

17.08.2022, 14 Uhr, Rat


18.08.2022, 15:30 Uhr Sozialausschuss

20.08.2022, 14 Uhr, Domforum,  Geschichte auf der Straße. Führung mit Linda Rennings für den Frauengeschichtsverein
https://www.frauengeschichtsverein.de/2022/08/20/geschichte-auf-der-stra%C3%9Fe-eine-stadtf%C3%BChrung-mit-der-k%C3%B6lschen-linda/

27.8.2022 um 15 Uhr geben sich der Stadthistoriker Martin Stankowski und ausgewählte Verkäufer des Straßenmagazins DRAUSSENSEITER ein Tete-à-Tete und zeigen, dass Köln tatsächlich einen doppelten Stadtplan hat. Tickets für den guten Zweck gibt es ab sofort hier: 

https://www.koelnticket.de/details/?fremdref=135464…


08.10.2022 Bundesweiter Aktionstag für einen Mietenstopp

Diskussion zur Wohnungslosigkeit und Drogensucht.

03.11.2022, 19 h, Masterplan gegen die Not? Diskussion zur Wohnungslosigkeit und Drogensucht. Mit Monika Kleine, SKF, Stefan Lehmann, Gesundheitsamt, Dominik Meiering, Pfarr, Harald Rau, Sozialdezernent.  Karl Rahner Akademie, 5 € 


6. August 2022
Klaus Jünschke und Rainer Kippe

Diese Website verwendet Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie zu.

Social Share Buttons and Icons powered by Ultimatelysocial
Facebook