Wohnungslosigkeit kann jeden treffen – jederzeit!

Aktionstag wohnungsloser Menschen für das Recht auf Wohnung
Düsseldorf, 30. Januar 2024

Von 10:30 bis 12:30 Uhr gab es eine Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz mit Wohnungslosen und FiftyFifty: „Wohnungslosigkeit kann jeden treffen – jederzeit.“
https://www.fft-duesseldorf.de/spielplan/wohnungslosigkeit-kann-jeden-treffen-jederzeit

Hier ein Bericht aus der aktuellen NRZ:
https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/obdachlose-suchen-wohnung-geld-vom-amt-gespraech-zu-ende-id241543924.html

Nach der Begrüßung durch den Moderator Albrecht Schürhoff  sprachen Gaby John und Monja Ben Messaoud als Expertinnen in eigener Sache. Monja hat eine Attacke gegen das Sozialgesetzbuch II (SGBII) vorgetragen, das die Grundsicherung für Arbeitsuchende und Teile des deutschen Arbeitsförderungsrechts regelt: Den Menschen wird damit die Deutungshoheit über ihr eigenes Leben genommen. Es gibt keinen Anspruch auf rein schulische Bildung. Proteste von Armutsbetroffenen werden ignoriert. Das neue Armenrecht erodiert die Prozesskostenhilfe und das Mietrecht. Jobcenter tragen zur Zermürbung von Menschen bei. „Wir werde für Probleme verantwortlich gemacht, die wir nicht zu verantworten haben.“

Jutta Henke von der GISS sprach über die Wohnungslosigkeit in NRW und bezog sich dabei unter anderem auf die Studie „Wohnungslose ohne Unterkunft und verdeckt Wohnungslose in NRW von 2022, an der sie mitgearbeitet hatte
https://www.giss-ev.de/filestorage/publikationen/abschlussbericht-mags-befragung.pdf

Wurden am 30.6.2022 noch 68.363 Wohnungslose in NRW gezählt, waren es am 31.6.2023 schon 97.700 Untergebrachte, verdeckt wohnungslose Menschen und Straßenobdachlose..  Erstmals kam von einer Wissenschaftlerin der Zusammenhang von Wohnungslosigkeit und Strafvollzug vor. 10% aller Wohnungslosen haben ihre Wohnung durch ihre Inhaftierung verloren. Angesichts der vielen Kritiken von Wohnungslosen an den Notunterkünften ist eine Veränderung der Unterkünfte überfällig, die die Wünsche nach Privatheit und Intimität respektieren. Sie betonte, dass Wohnungslose nach § 67 SGB XII einen Rechtsanspruch auf Unterstützung bei der Beschaffung einer Wohnung haben.

Kai Lingenfelder stellte das Projekt gesund.zeit.raum vor.
https://www.diakonie-duesseldorf.de/magazin/gesundheit-soziales/medizinische-hilfe-fuer-wohnungslose-menschen
Beim Thema Lebenserwartung sprach er davon, dass Wohnungslose 10 – 20 Jahre weniger leben, als Menschen mit Wohnung. Bei unseren Kundgebungen in Köln sprechen wir davon, dass die Lebenserwartung von Obdachlosen 30 Jahre geringer ist, als der Bundesdurchschnitt von 79 Jahren. Wir beziehen uns auf die Dissertation von Nina Asseln:
https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/7826

In Köln hat der Runde Tisch für Integration die Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt untersuchen lassen. https://www.rundertischkoeln.de/wp-content/uploads/2022/03/Chancengerechtgkeit-auf-dem-Wohnungsmarkt.pdf 

Auf dem Aktionstag in Düsseldorf haben Christoph Gille und Anne van Rießen die erste deutsche Studie zur Diskriminierung von wohnungslosen Menschen am Wohnungsmarkt vorgestellt:

Zugang verweigert.
Barrieren und Diskriminierung wohnungsloser Menschen am Wohnungsmarkt
https://diskriminierungneindanke.de/wp-content/uploads/2024/01/ZugangVerweigert_Final.pdf

Der Beamte Andre Riemer aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat die Vorstellung des Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit  der Ampelkoalition mit einem Loblied auf seine Chefin, die Bauministerin Klara Geywitz verbunden. Gleich zu Beginn hat er amüsiert von den vielen Treffen mit Volker Busch-Geertsema von  der GISS berichtet, wo der immer wieder behauptet, dass es möglich ist bis 2030 die Obdachlosigkeit in Deutschland abzuschaffen. Immerhin will Finnland bis 2027 mit Housing-First ein Land ohne Obdachlosigkeit sein. Das weiß man in Berlin, glaubt angesichts der eigenen Unfähigkeit, die versprochenen jährlichen 400.000 Wohnungen zu bauen, aber nicht im Traum daran.
Auf meine Bemerkung in der anschließenden Fragerunde, dass es bei dem Leerstand von Wohnungen und Büroimmobilien möglich sei, alle Obdachlosen sofort in abschließbare Einzelzimmer unterzubringen, hat er geantwortet, dass der Bund keine gesetzliche Möglichkeit dazu hat und er den Peter an die Länder und die Gemeinden weiterreichen muss.

Die aktuelle Ausgabe des MieterEcho trägt den passenden Titel:
MieterEcho 438 / Januar 2024
Ausgegrenzt – Politik lässt Wohnungslose im Regen stehen
https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2024/mieterecho-438-januar-2024/

31. Januar 2024

Klaus Jünschke

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