Rundbrief 147 vom 22.Juli 2023

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 147

70.000 Wohnungen fehlen in Köln

Die Lokalzeit Köln des WDR hat das am 19. Juli 2023 thematisiert: „Das größte Problem ist und bleibt neuer bezahlbarer Wohnraum“.  Ab Minute 7:40
https://www1.wdr.de/lokalzeit/fernsehen/koeln/video-lokalzeit-aus-koeln—2508.html

Unerwähnt blieb die aktuelle Zahl der in Köln gezählten Wohnungslosen: 12.580. 4000 davon kommen aus der Ukraine.

In der Lokalzeit kam als erster Hans Jörg Depel vom Kölner Mieterverein zu Wort: „In Köln dauert es unglaublich lange, bis Bauanträge bearbeitet werden. Die liegen dort. Es ist kein Konsens vorhanden. Hamburg hat sich ein gewisses Ziel gesetzt: 10.000 Wohnungen jährlich, 3.000 davon mit öffentlichen Mitteln gefördert. Köln hat etwas Ähnliches: 6.000 Wohnungen jährlich, 1.000 davon öffentlich gefördert. Aber Köln hat diese Ziele nicht erreicht und ich bezweifle, dass sie sie in den nächsten Jahren erreichen werden.“

Für die Sendung wäre interessant gewesen an dieser Stelle Andreas Kossiski zu fragen, der als SPD-Kandidat im OB-Wahlkampf versprach 10.000 Wohnungen in Köln jährlich bauen zu lassen. Es muss sich dabei was gedacht haben, und was, das will scheinbar in der Stadt niemand wissen.

Konrad Adenauer vom Haus- und Grundbesitzerverein konnte als nächster seine Vorschläge äußern: „Wer will, der kann auch, man könnte sehr viel mehr machen, als die Stadt Köln tut. Ich denke, es ist nicht nur eine Frage der Finanzen. Wir brauchen in Köln auch die Bereitschaft aller beteiligten Gliederungen, dass sie Bauland zur Verfügung stellen. Es gibt so viel Brachflächen in Köln, meistens alte Gewerbeflächen. Da kann man bauen, wenn man will und zwar sehr schnell. Man muss eben bereit sein, Flächen umzuwidmen.“  

Hans Jörg Depel: Das ist seit 40 Jahren ein Thema in Köln. 2024 sollte mit dem neuen Stadtteil Kreuzfeldt begonnen werden, jetzt gibt es wieder Diskussionen ob das wirklich der Fall sein muss.

Konrad Adenauer: Der Masterplan grün, den der Rat beschlossen hat, ist leider nicht dafür, weil viele Flächen, die man unter „grün“ geparkt hat, nicht bebaut werden sollen. Das geht so nicht, da kommt man nicht weiter.

Baudezernent Markus Greitemann: Das geht definitiv nur im Dreiklang. Wohnungswirtschaft Politik und Verwaltung müssen sich einig sein im Handeln, in den Prioritäten und den Rahmenbedingungen, das heißt dass wir in Zukunft alle Rahmenbedingungen auf Prüfstand stellen müssen, aber zu dritt.

Abmoderation: Nur gemeinsam, das wir immer beschworen, aber das ist seit Jahren so. Aber der Druck, mehr neue Wohnungen schneller zu bauen, wird immer größer.

Im Anschluss wurde die Architektin Yasemin Utku interviewt, die an der Technischen Universität Köln Professorin für Städtebau und –planung ist. Sie sieht den Neubau kritisch. Angesichts der Verteuerung beim Bauen empfiehlt sie, sich auf die Bestände zu konzentrieren. Weil wir schon eine große Bebauungsdichte hätten, sollten aus Klimagründen die bestehenden Freiflächen erhalten bleiben.

Am Montag, den 17. Juli 2023 hatte der Stadt-Anzeiger über die Zunahme der Wohnungslosenzahlen in NRW berichtet. Sozialforscher Thomas Münch kann nicht erkennen, dass sich die Stadtverwaltung in irgendeiner Form der Wohnungsnot entgegenstemmt. Ein aktuelles Beispiel ist für ihn die Hilflosigkeit, mit der auf die Mieterhöhungen der stadteigenen Wohnungsgesellschaft GAG reagiert wird. Durch die Wohnungsnot nimmt der Druck auf die Obdachlosen zu, die auf der Straße leben. Die Wohnungslosen, die in der Lokalzeit gar nicht vorkamen, sind der größte Verlierer der Kölner Wohnungspolitik. Mit Housing First gibt es einen Weg aus dieser Misere, aber dafür gibt es nicht genügend Mittel. Der Vringstreff konnte bisher nur 15 Obdachlosen damit Mietvertrag und Wohnungsschlüssel übergeben. Thomas Münch kritisiert die Zögerlichkeit mit der die Stadt angesichts der Not der Wohnungslosen dem Leerstand begegnet. Sein Schlusswort: „Die Stadt muss endlich mal Geld in die Hand nehmen und eine eigene Wohnungsgesellschaft mit dem Ziel gründen, ausschließlich Sozialwohnungen zu bauen. Das Wohnen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen darf nicht mehr dem freien Markt überlassen werden.“

Zur Entwicklung auf dem sogenannten freien Wohnungsmarkt meldet der Spiegel:

Dramatisch weniger Baugenehmigungen
Forscher erwarten 2024 nur noch 177.000 neue Wohnungen
400.000 neue Wohnungen im Jahr – das hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt. Doch sie erreicht es 2024 voraussichtlich nicht einmal zur Hälfte. Die erteilten Genehmigungen brechen bereits seit Monaten ein.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/forscher-erwarten-2024-nur-noch-177-000-neue-wohnungen-a-4de541d4-4f77-4fbf-943b-7b0640ebbbee

Obdachlosigkeit in Berlin – aktuelle Situation, Perspektiven, Ausblicke“

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde/Freundinnen!

Am 14.08. findet das nächste Online-Programm des Robert-Tillmanns-Hauses zur Thematik der Obdachlosigkeit statt (10:00-13:15, inklusive Pause). Die Veranstaltung beinhaltet unter anderem:

* Rückblick auf die Ereignisse/Entwicklungen der letzten sechs Monate

* „Berliner Hitzehilfe“-Update

* Interview über das Wohnungslosentreffen 2023

* Kurzfilm zur aktuellen Situation in der informellen Siedlung „Teepeeland“

* Feature über Obdachlosigkeit in New York

* Blick auf aktuelle Publikationen zum Thema

TeilnehmerInnen können sich während des Programms per Wortmeldung, Mail, SMS oder Chatmodus einbringen. Die Anmeldungsgebühr beträgt fünf Euro. Auf Wunsch bekommen Teilnehmende ein kostenloses Exemplar unserer bald erscheinenden Publikation „Obdachlos in den Metropolen: New York, London und Berlin im Vergleich“ oder ein Exemplar unseres Heftes „Corona schlug ein wie eine Bombe!“ über die Situation Berliner Obdachloser während der Pandemie zugeschickt.

Anmeldungen bitte an: info@rth-berlin.de

Wir würden uns freuen, wenn Sie diese Nachricht an möglicherweise interessierte Personen/Institutionen weiterleiten könnten!

Zum Lesen

Christian Glantschnigg: Die Stadt der Exklusion. Prozesse und Mittel der Verdrängung aus öffentlichen Räumen der Stadt Wien. Diplomarbeit, Universität Wien 2011

https://utheses.univie.ac.at/detail/14444#

Christiane Droste: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt: Interventionsmöglichkeiten in Berlin.

https://www.academia.edu/38066314/Diskriminierung_auf_dem_Wohnungsmarkt_Interventionsm%C3%B6glichkeiten_in_Berlin?email_work_card=title

Sebastian Schipper, Justin Kadi, Barbara Schoenig: Wohnraum für alle?! Perspektiven auf Planung, Politik und Architektur
https://www.academia.edu/33345104/2017_Wohnraum_f%C3%BCr_alle_Perspektiven_auf_Planung_Politik_und_Architektur?email_work_card=view-paper

Sendungen, Meldungen, Nachrichten 

FREIWILLIG OBDACHLOS: Wieso André ein Leben auf der Straße bevorzugt

Besetzte Wohnung in Neukölln: Solidarische Nachbarschaft
An der Hermannstraße 48 wehren sich Aktivist*innen gegen Verdrängung durch die Büro-Pläne des neuen Eigentümers
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174785.gentrifizierung-besetzte-wohnung-in-neukoelln-solidarische-nachbarschaft.html

Union für Obdachlosenrechte: »Wir lassen uns nicht ignorieren«
Die Union für Obdachlosenrechte lebt von der Diversität der unterschiedlichen Lebenssituationen
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1174416.obdachlosigkeit-union-fuer-obdachlosenrechte-wir-lassen-uns-nicht-ignorieren.html

Hitze in Deutschland: Wohnungslosenhilfe fordert besseren Schutz von Obdachlosen
https://www.tagesspiegel.de/politik/hitze-in-deutschland-wohnungslosenhilfe-fordert-besseren-schutz-von-obdachlosen-10157965.html

Köln SPD facht Mieterhöhungsdebatte um GAG erneut an
https://www.report-k.de/koeln-spd-facht-mieterhoehungsdebatte-um-gag-erneut-an/

Termine

09.08.2023, 12 – 16 Uhr, OASE-Sommerfest, Alfred Schütte Allee 4

15.08.2023, 19 Uhr, Die Stadt und ihre Obdachlosen. Haus der Architektur. Josef-Haubrich-Hof 2   https://www.facebook.com/events/3424508727811603/?ref=newsfeed

17.08.2023, 15:30 Uhr Sozialausschuss

07.09.2023, 15:30 Rat der Stadt Köln

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

22. Juli  2023
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

PS
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