Rundbrief 116 vom 17. Dezember 2022

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 116

Schafft endlich die Obdachlosigkeit ab

„Ich habe das Gefühl, dass die Wohnungslosenhilfe dabei ist, Obdachlose zu verwalten. Wir sind dabei, Menschen auf der Straße immer mehr zu versorgen. Wir haben mittlerweile den Duschbus, wir haben Leute, die Essen auf der Straße verteilen. Das ist alles notwendig, weil wir die Wurzel nicht angepackt bekommen, nämlich ihnen ein Zuhause zu geben.“
(Stefan Karrenbauer, 27 Jahre Sozialarbeiter bei der Hamburger Straßenzeitung Hinz&Kunzt)
https://taz.de/Sozialarbeiter-ueber-Wohnungslosigkeit/!5874587/

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat sich am 15.12.2022 im Interview mit der Kölnischen Rundschau endlich öffentlich zur Obdachlosigkeit geäußert. Obwohl in Köln mit „Housing First“ angefangen wurde Obdachlosen ein Zuhause zu geben, geht sie mit keinem Wort darauf ein. Da man die Obdachlosen nicht an den Stadtrand vertreiben kann, will sie die Obdachlosen in „Aufenthaltsräume“ einquartieren. Am Neumarkt soll es ein Brunnen und ein paar Streetworker richten. Statt der von der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung (GISS) gezählten über 12.000 Wohnungslosen in der Stadt, weiß sie nur von 8.000. Die Größe des Anteils von Alkoholikern und Konsumenten illegaler Drogen unter den Obdachlosen ist ihr unbekannt. Die 74 Drogentoten des vergangenen Jahres finden keine Erwähnung. Aber lest selbst wie die Oberverwalterin des Elends spricht:

Reker: Der Neumarkt muss sein Bild auch jetzt schon verändern. Bereits im kommenden Jahr soll der Brunnen wieder sprudeln. Mit dem Brunnen und mehr Einsatz von Streetworkern, die sich mehr um die schlimmen Drogenfälle kümmern, wird es besser werden. In der öffentlichen Wahrnehmung ist natürlich die Obdachlosigkeit ein riesiges Problem.

KR: Obdachlosigkeit hat im Zentrum massiv zugenommen.

Reker: Ja, ich finde auch, dass das sichtbar ist. Wir haben ungefähr 8000 Wohnungslose. Und die Frage ist, wie man damit umgeht. Wir können die Leute auch nicht einfach an den Stadtrand vertreiben.

KR: Spielt das Drogenproblem dabei die entscheidende Rolle?

Reker: Zunächst ist Obdachlosigkeit und Drogenkonsum nicht gleichzusetzen. Aber ja, auch am Neumarkt haben wir ein Drogenproblem. Deswegen bin ich froh, dass wir mit dem Drogenkonsumraum ein wichtiges Angebot machen können.

KR: Die Anwohner am Neumarkt sagen aber heute noch, dass der Raum sie nicht nach vorne
gebracht hat.

Reker: Wir beobachten die Situation genau und reagieren auch. Deswegen werden wir zum Beispiel die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums erweitern.

KR: Könnte die Stadt denn etwas tun, um Obdachlosigkeit zu mindern?

Reker: Wir tun bereits viel, aber wollen unsere Angebote ausweiten. Wichtig ist, Aufenthaltsräume zu schaffen, aber solche, die auch angenommen werden. Das
muss aber auch in einem entsprechenden Umfeld sein. Wir haben das mal auf der Siegburger
Straße versucht, aber da sind zu wenige hingegangen. Obdachlose wollen da sein, wo was
los ist. Das kann man auch verstehen.

KR: Und was sagen Sie den Händlern, deren Eingänge zum Schlafen oder als Toilette benutzt werden?

Reker: Ich finde das höchst bedenklich. Ich kann die Geschäftsleute gut verstehen, dass sie das als Belastung empfinden. In schlimmen Fällen greift die Stadt ein, aber es ist auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.

KR: Wie meinen Sie das?

Reker: Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen ändern sich: Da immer
nur zu sagen, dass das Probleme der Stadt seien, damit ist es nicht getan. Ich wünsche mir eine große gesellschaftliche Übereinstimmung in den Mitteln, die wir anwenden. https://www.rundschau-online.de/koeln/interview-mit-koelns-ob-henriette-reker-zum-verkehr-und-grossprojekten-379730

Zu den Mitteln, die die Stadt anwendet, gehört auch, dass im Freien campierenden Obdachlosen angesichts von Minus-Temperaturen, die schützenden Matratzen vom Ordnungsamt  weggenommen und auf dem Müll entsorgt werden.  https://www.ksta.de/koeln/kalk/kalk-veedel/ordnungsamt-koeln-raeumt-lager-von-obdachlosen-in-kalk-377363

Gefragt wurden die im Freien campierenden Obdachlosen schon warum sie nicht in die Notunterkünfte gehen. Aber ihre Antworten werden nicht respektiert. Obwohl im vergangenen Jahr kein einziger Obdachloser seinen Hund zum Zollstocker Tierheim brachte, wurden dort wieder öffentlichkeitswirksam 10 Zwinger für Obdachlosenhunde reserviert.
https://www.report-k.de/winterhilfe-fuer-obdachlose-wird-das-angebot-der-hunde-unterbringung-genutzt/

Angesichts der Minus-Temperaturen berichten die Medien über die Gefahren für Obdachlose.
Die Forderung „Schafft endlich die Obdachlosigkeit ab“  kommt nicht vor. Obwohl es in der Stadt mehr als genügend leerstehende Wohnungen und Ladenlokale gibt.

Obdachlos auf den Straßen Kölns – trotz Kälte und Nässe

https://www.ksta.de/koeln/koelner-innenstadt/koeln-so-ergeht-es-obdachlosen-im-winter-auf-der-strasse-379654

Minusgrade in Köln – Appell Obdachlosen zu helfen

Obdachlose in Köln
Kältewelle birgt große Gefahr – Streetworker in Sorge
https://www.rundschau-online.de/koeln/obdachlose-in-koeln-kaeltewelle-birgt-grosse-gefahr-streetworker-in-sorge-379479

Obdachlose im Winter: Das Sterben auf den Straßen beginnt
Hamburg zwingt Obdachlose, trotz Minusgraden tagsüber die Gebäude des Winternotprogramms zu verlassen. Ein erstes Kälteopfer gibt es wohl seit Montag. https://taz.de/Obdachlose-in-Winter/!5899297&s=Hinz+Kunzt/

Winterhilfe-Telefone

Das Kölner-Wärmebus-Telefon 0176 24071312 ist nur von 18 – 23 Uhr besetzt, sagen die Freunde der Straße, wenn man außer der Zeit anruft.

Das Kölner Winterhilfe-Telefon vom SKM ist rund um die Uhr besetzt: 0221 56097310

https://www.skm-koeln.de/hilfe-in-groesster-not-das…/

Zum Lesen:

Vonovia und Co: Die Party ist vorbei.
Zur aktuellen Krise der finanzialisierten Wohnungswirtschaft
https://www.rosalux.de/publikation/id/49658/vonovia-co-die-party-ist-vorbei?

Die Schlusspräsentation der Internationalen Bauaustellung in Wien 2022
https://www.iba-wien.at/fileadmin/user_upload/documents/005_Schlusspraesentation/Abschlussdokumentation/221202_IBA_SCHLUP_web.pdf



Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Neue Bürgermeisterin von Los Angeles ruft Notstand aus. Obdachlosigkeit war ihr zentrales Thema bei der Wahl
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/los-angeles-buergermeisterin-karen-bass-ruft-im-kampf-gegen-obdachlosigkeit-notstand-aus-a-bb64ecad-0134-4fde-b5b3-7f3cd03751b0

Housing First: Wie Obdachlose in NRW eine Wohnung bekommen.
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/housing-first-fuer-obdachlose-in-nrw-100.html

Report-k: Protest gegen Mieterhöhungen bei der Kölner GAG

Bauministerin plant Offensive gegen Wohnungsnot
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/250-000-ohne-obdach-bauministerium-plant-offensive-gegen-wohnungslosigkeit-a-145e1f67-4c72-460e-8078-d8b64e860e38

Enteignung von Wohnungsunternehmen würde helfen
https://www.jungewelt.de/artikel/440410.deutsche-wohnen-und-co-enteignen-n%C3%B6tig-und-m%C3%B6glich.html


Die Eigentümer der Rigaer94 scheitern vor dem Kammergericht. Ihre Rechtsfähigkeit ist nicht zu beweisen, alle Räumungsklagen zum Scheitern verurteilt.
https://taz.de/Rechtsstreit-um-Rigaer-Strasse-94/!5901970/

Mieterbund warnt vor Kündigungen und Energiesperren. »Auffangnetz« soll Sicherheit für Betroffene schaffen. Ein Gespräch mit Jutta Hartmann
Ein gesetzliches Kündigungsmoratorium für Mietverträge und ein Verbot von Energiesperren als Sofortmaßnahme. Im jetzigen Gesetzesvorhaben findet sich leider von all dem nichts.
https://www.jungewelt.de/artikel/440714.recht-auf-wohnen-wer-sparsam-war-wird-noch-mehr-sparen-m%C3%BCssen.html

Termine

17.12.2022, 11 – 13 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand: „Wohnungen für Obdachlose und Geflüchtete“, Ecke Berrenrather Str. / Friedrich Engels Straße

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

17. Dezember 2022
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

PS
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