Rundbrief 112 vom  19. November 2022

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 112


Prof. Dr. RauStadtentwicklungObdachlosigkeit LondonLektüreSendungen, Meldungen, NachrichtenTermine


O du fröhliche, o du selige, o du gnadenbringende Weihnachtszeit

Lebkuchen, Marzipan und Aachener Printen werden seit Wochen in den Supermärkten angeboten. Und jetzt stehen auf allen Plätzen auch wieder die weihnachtlich geschmückten Holzhäuschen. Ob im Rat der Stadt Köln schon mal überlegt wurde, diese Hütten nachts den Obdachlosen zu überlassen? Sozialdezernent Rau hat ja bekanntlich den Wunsch der Obdachlosen nach eigenen vier Wänden mit der Behauptung abgekanzelt, das gäbe der Markt leider nicht her. Obwohl allein in der Friedrich-Engels-Str. 7 an die 300 Zimmer seit vier Jahren leer stehen. Die Weihnachtsmärkte geben es her, die Obdachlosen unterzubringen.

In der Weihnachtsgeschichte wird erzählt, dass Kaiser Augustus eine erste Volkszählung durchführen ließ. Maria und Joseph führte das nach Bethlehem, wo sie nur  in einen Stall oder Schuppen mit einer Futterkrippe unterkommen konnten, um ihr Kind auf die Welt zu bringen.

Sozialdezernent Prof. Dr. Rau hat die Bremer Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung beauftragt, die Kölner Obdach- und Wohnungslosen zu zählen und sie nach ihren Wünschen zu fragen. Diese sind bekannt und die SPD und die Linke haben die Stadtregierung gefragt, wie es um die Unterbringung der Obdachlosen in abschließbare Einzelzimmer steht.

Herr Prof. Dr. Rau teilte mit Verweis auf die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine mit: „Daher blieb nur noch die Möglichkeit, den weiteren Ausbau der Einzelzimmerunterbringung für jeden Ein-Personen-Haushalt in ordnungsbehördlicher Unterbringung zurückzustellen.“

Mit anderen Worten. Im Heiligen Köln kann man zwar für 2000 Flüchtlinge zusätzlich  Hotelzimmer mieten, aber für 300 Obdachlose auf der Straße leider nicht.

Damit niemand denkt, in der Stadt, die sich so sehr selbst liebt, sei man herzlos, erklärte Herr Prof. Dr. Rau am Ende seiner im Behördenkauderwelsch verfassten Antwort an die SPD und die Linke: „Konzeptionell ist hier auch die Einzelzimmerunterbringung für Ein-Personen-Haushalte angedacht.“
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=895578&type=do&fbclid=IwAR0CzjaizzVSXMfZO6lOBGMl8sssVwMkp0LsV4Dud1WZGvm2C9gQA5kvqVI

Kölner Stadtentwicklung – eine anspruchsvolle Zukunftsplanung?

In der November-Ausgabe von „Eigentum aktuell“, der Zeitschrift des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, schreibt Andree Haak, der Beigeordnete für Stadtentwicklung:

„Es gibt seit 2021 eine ganzheitliche Stadtstrategie mit dem Titel ‚Kölner Perspektiven 2030+‘. https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf15/kp2030/stadtstrategie.pdf 
Damit haben wir einen hervorragenden Regieplan, um Köln gemeinsam in den nächsten Jahren nachhaltig weiterzuentwickeln. Dabei steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt, und gleichzeitig nehmen wir darin die Herausforderungen unserer Zeit auf.“
Und weiter führt er aus: „Die Vision für Köln ist eine umweltneutrale, nachhaltige, chancengleiche, demokratische und lebenswerte Stadt zu sein.“
Die Abschaffung der Obdachlosigkeit kommt in der Vision von Herrn Haak nicht vor.

Schon die „Kölner Perspektiven 2030+“ werden dem Fehlen von 80.000 Wohnungen in Köln nicht gerecht. Dort war auf S.196 zu lesen:
„Bei der Entwicklung neuer Flächen ist ein breit gefächertes Wohnraumangebot (sozialer und preisgedämpfter Wohnraum sowie Wohnraum zu Marktpreisen) sicherzustellen. Durch die weiterhin konsequente Anwendung des kooperativen Baulandmodells, welches vorsieht, 30 Prozent der Wohnungen im öffentlich geförderten Segment zu errichten, ist in neuen Quartieren eine ausgeglichene Relation von Eigentum und (preisgedämpften) Mietwohnungsbau zu sichern.“

Und auf Seite 217 steht: „Ein Grundpfeiler für Chancengerechtigkeit und Teilhabe ist der Zugang zu Wohnraum. Daher ist bei der Entwicklung neuer und der Verdichtung bestehender Stadtquartiere im Besonderen darauf zu achten, den Anteil bezahlbarer Wohnraumangebote zu erhöhen oder zumindest zu halten.“
„zumindest zu halten“

Als der SPIEGEL am 31. Oktober 2022  von der zunehmenden Obdachlosigkeit in den Straßen Londons berichtete, wurde am Ende des Berichts auf Bürgermeister Khan verwiesen, der meinte „Die Regierung müsse die Umstände verbessern, damit nicht Tausende den Winter auf der Straße verbringen müssten.“
https://www.spiegel.de/ausland/london-ein-viertel-mehr-obdachlose-wegen-steigender-lebenskosten-a-914fb58d-1ced-4754-bc3f-7961f569b1e0?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ

Dass die Umstände verbessert werden, dass die gesellschaftlichen Ursachen der Obdachlosigkeit bekämpft werden, ist in Köln nicht in Sicht.

Die steigenden Mieten und Energiekosten und die steigenden Lebensmittelpreise  treffen eine Bevölkerung in der schon jeder zehnte Kölner überschuldet ist
https://www.rundschau-online.de/wirtschaft/schuldneratlas-jeder-zehnte-koelner-ist-ueberschuldet-371296

Lektüre

Wohnungslosigkeit abschaffen.
Dokumentation zum Fachtag Wohnungsnotfallhilfe in Potsdam am 28.06.2022

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen,Stadtentwicklung und Bauwesen:

Kein Mensch sollte aufgrund fehlender Unterkunft auf der Straße übernachten müssen.
Kein Mensch sollte aus einem Heim oder Gefängnis ohne Unterkunft entlassen werden.
Eine Krankenversicherung muss verpflichtend sein.
Viele Frauen sind wohnungslos und müssen in Abhängigkeitsverhältnissen oder toxischen Situationen übernachten.
Es braucht deutschlandweite Qualitätsstandards für Notunterkünfte. Lokale Bemühungen reichen hier nicht aus.
In diesem reichen Land sollte kein Mensch in Obdachlosigkeit leben müssen. (S.11)
https://awo-potsdam.de/news-artikel/wohnungslosigkeit-abschaffen/

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Caren Lay fordert von der Bundesregierung 10 Milliarden Euro jährlich für den sozialen Wohnungsbau: „Es steht doch in einem völligen Missverhältnis und ist haushaltspolitisch nicht nachhaltig, wenn der Bund zwei Milliarden Euro im Jahr für den sozialen Wohnungsbau ausgibt und 16 Milliarden für Wohngeld und Kosten der Unterkunft bei Hartz IV. Dieses Geld ist weg! Da scheint mir der Rückkauf von bereits privatisierten Wohnungen auf lange Sicht die günstigere Investition zu sein.“
https://www.das-parlament.de/2022/46_47/menschen_und_meinungen/920714-920714

Wohngeld
https://www.das-parlament.de/2022/46_47/titelseite/920698-920698    <
Und
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw45-de-wohngeld-donnerstag-917442

Linke fordert Gesetz zum Vorkaufsrecht
https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-921228

Bauministerin geht von längerer Bearbeitungszeit beim Wohngeld aus
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wohngeld-bauministerin-klara-geywitz-geht-von-laengerer-bearbeitungszeit-aus-a-a51dbe34-105e-46be-8e4f-3eb556f23900

Vor gut einem Jahr startete in Bremen Housing First als Modellprojekt, das bis Ende 2023 laufen soll. Es läuft gut, auch dank Mitarbeitern, die selbst einmal obdachlos waren. In Hamburg ist das Projekt noch in der Aufbauphase
https://www.taz.de/!5894272


Termine

19.11.2022, 11 – 13 Uhr, Kundgebung gegen Leerstand: „Wohnungenfür Obdachlose und Geflüchtete“, Ecke Berrenrather Str. / Friedrich Engels Straße

20.11.2022, von 12:00 bis 15:00, 5. StadtraumSpaziergang – „aus ALT mach NEU“ in Köln Müngersdorf, Veranstaltung von Stadtraum 5 und 4 e.V., Treffpunk: Friedhof Müngersdorf, Kirchhof 4, 50993 Köln

26.11.2022, 13 Uhr „Demo für selbstverwaltete Projekte und Bauwagenplätze“

29.11.2022, 19 Uhr, „Damit die Notdurft nicht zur Not wird!“ Zur Toilettensituation in Köln. Haus der Architektur Köln, Josef-Haubrich-Hof 2.
https://www.hda-koeln.de/kalender/221129_hdak/

30.11.2022, 19 Uhr, Gefängnis statt Geldstrafe? Karl Rahner Akademie, Jabachstr.3
https://www.karl-rahner-akademie.de/programm/kurs/Gefaengnis-statt-Geldstrafe/22259#inhalt

1.12.2022, 19:30 Uhr Köln kann auch anders lädt zur Diskussion der Verwaltungsreform ins Domforum ein.
https://www.koelnkannauchanders.de/_files/ugd/97dd9b_6ed69665919a4aa7a8d07b8f225f2847.pdf

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

19. November 2022
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
https://wohnungsnot.koeln

PS
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