Inhalt
1 Köln ist nicht sozial
2 Winterhilfe-Telefone in Köln
3 Solidaritätskundgebung für Klaus Jordan vor dem Landgericht
4 Ein Duschbus für obdachlose Frauen in Köln
5 Wohnungslosenvertretung und Mieterrechte
6 Links
7 Termine
Die Stadt Köln ist nicht sozial
Die Vorabinfo der Liga der Wohlfahrtsverbände zur geplanten Demo am 11.12.2024 um 10:30Uhr vom Ottoplatz zum Aachener Weiher trägt den Titel „Köln bleib(t) sozial, l(i)ebenswert und vielfältig“. Ganz am Ende ist die Rede von den „Interessen der Kölnerinnen und Kölner“ deren soziale Situation auf den zwei Seiten mit keinem Wort vorkommt. Es wird an Politik und Verwaltung der Stadt appelliert sozial zu den Wohlfahrtsverbänden zu sein.
Für Arme ist das nichts Neues: als die Sozialarbeiter noch Fürsorger hießen, wurden sie in den Gefängnissen Fürsichsorger genannt. Die Sozialverbände helfen seit 150 Jahren und erklären nicht, woher die Armut kommt, sie leben davon sie zu verwalten.
Im März wurde der Bericht von Dunja Mijatovic, der Menschenrechtskommissarin des Europarates, veröffentlicht, den sie nach ihrem Besuch in Deutschland vom 27.11. bis 1.12.2023 verfasst hat. Darin heißt es: „Sie ist besorgt über die wachsende Ungleichheit in Deutschland und der Ansicht, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um effektive Verteilungsmechanismen zu entwickeln, die die negativen Langzeitfolgen von Armut auf die individuelle Gesundheit, Bildung und Beschäftigungsaussichten der Betroffenen minimieren können.“
Carolin Raab von der Kölnischen Rundschau fragte im Interview Peter Krücker, Vorstandsmitglied der Caritas Köln: „Wie kann es überhaupt sein, dass in einem so reichen Industrieland wie Deutschland so eine große soziale Ungleichheit herrscht?“
Peter Krücker: „Es hängt an den Prioritäten der Politik, sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene. Beim Bauen ist es auch ein kommunales Thema, dass die Prioritäten der Politik nicht bei der Armutsvermeidung liegen.“
Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf dem Neujahrsempfang der Deutschen Bank am 14. Januar 2016: „Es gibt keine eindrucksvollere Sozialpolitik als die Stärkung des Wirtschaftsstandortes.“
Sie glaubt an die „Trickle-Down-Theorie“, die Überzeugung, dass der Wohlstand der Reichsten einer Gesellschaft nach und nach durch Konsum und Investitionen in die unteren Schichten der Gesellschaft durchrieseln und so zu Wirtschaftswachstum führen würde, von dem dann alle profitieren.
Dass das Gegenteil eingetreten ist und die soziale Ungleichheit in der Stadt zugenommen hat, dafür ist selbstverständlich nicht allein Frau Reker verantwortlich.
„In keiner anderen deutschen Großstadt geht die Schere zwischen teuren und günstigen Bezirken so weit auseinander wie in Köln.“
Die Grünen beschlossen 2019 auf ihrer Kreisversammlung: „Bei Bebauungsplänen in Köln werden wir auf absehbare Zeit dem Bau neuer Einfamilien- (Reihen)-Häuser aufgrund ineffizienter Flächennutzung nicht mehr zustimmen.“ Beschlossen, aber nicht gehalten, während die Zahl der geförderten Wohnungen immer weiter gesunken ist.
Inzwischen ist sogar die erste Gated community in Köln genehmigt worden.
Wohnen ist ein Menschenrecht, aber in Köln existiert keine menschenrechtsbasierte Wohnstrategie.
Die Istanbul-Konvention in Deutschland umzusetzen, erfordert pro 10.000 Einwohner*innen mindestens 1 Frauenhausplatz für Frauen + 1,5 Frauenhausplätze für Kinder & Jugendliche bereitzustellen (zusammen ergibt das einen sogenannten Familienplatz).
Für die Millionenstadt Köln bedeutet das, dass es in Köln 250 Plätze für schutzsuchende Frauen und ihre Kinder geben muss. Die beiden Frauenhäuser in Köln haben Plätze für 26 Frauen und 32 Kinder. Ein 3. Frauenhaus ist seit 2019 im Rat beschlossen. 2028 soll es fertig sein. Es soll Platz für 16 Frauen und 18 Kinder haben.
Im Jahresbericht 2023 der Kölner Frauenhäuser steht, dass über 600 Frauen schon am Telefon abgewiesen werden mussten.
Die Lebenserwartung der Obdachlosen auf der Straße liegt 30 Jahre unter dem Bundesdurchschnitt. Sie sind Gewalt untereinander und Gewalt von Menschen, die eine Wohnung haben, ausgeliefert. In den Gefängnissen sind sie extrem überrepräsentiert. Auf dem erstes Kölner Fachkolloquium der Stadt Köln zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit am 22. März 2022 erklärte die Sozialanthropologin Dr. Luisa Schneider: „Wenn wir die Lösungen auf Modellprojekte beschränken, tragen wir zu dem Flickenteppich bei, der Wohnungslosigkeit verwaltet statt sie zu beheben. Um wohnungslose Menschen zu stützen und Wohnungslosigkeit nicht nur zu verwalten, müssen wir die klaffende Lücke zwischen dem Dach über dem Kopf und dem Zuhause schließen.“
Die Kölner Polizei hat 2023 den Höchststand von 73 Drogentoten gezählt. Vision e.V. spricht von 96. „Menschen, die sicher gerne geblieben wären und deren Tod vermeidbar gewesen wäre. Lassen wir Stigmatisierung, Kriminalisierung, Isolation, Verdrängung, Bestrafung, Diskriminierung und Verachtung hinter uns. Geben wir drogengebrauchenden Menschen ihre Würde zurück und eine reelle Überlebenschance“.
Am Gedenktag 2023 für die verstorbenen Drogengebrauchenden war das Motto bei Vision e.V. „Drogentod ist Staatsversagen“. Seit Jahren werden Konsumräume für Kalk, Mülheim, Chorweiler und Kölnberg gefordert. Das ist Stadtversagen.
Die Stadt hat andere Prioritäten. 1,5 Milliarden Euro werden inzwischen für die Renovierung von Oper und Schauspiel gehandelt. Ausgaben für eine Minderheit älterer wohlhabender Akademiker.
Das leistet sich eine Stadt, in der Rentnerinnen und Rentner Flaschen sammeln und schon vergeblich an der Tafel für Lebensmittel anstehen, weil diese den Bedarf nicht mehr decken kann.
Die Stadt Köln ist nicht sozial.
Winterhilfe-Telefone in Köln
Das Winterhilfetelefon des Sozialdienstes Katholischer Männer (SKM) unter 0221 / 56 09 73 10 nimmt Hinweise zu obdachlosen Menschen an, die sich bei winterlichen Temperaturen an ihren Schlafplätzen aufhalten. Die Schlafplätze werden aufgesucht und die Menschen über sämtliche Hilfsangebote der Winterhilfe informiert.
Der Kältebus der Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner e.V. 0176 – 240 71 312
Solidaritätskundgebung für Klaus Jordan vor dem Landgericht
Am 5.12.2024 fand die Berufungsverhandlung im Landgericht statt, in der der Vermieter forderte, dass der 85jährige Klaus Jordan seine Wohnung, in der er seit 50 Jahren lebte, bis zum 31.12.2024 räumen soll, weil er Eigenbedarf hat. Erregt beschwerte sich der Vermieter über unsere Anwesenheit im Gerichtssaal und vor dem Gericht und über die Medienberichterstattung. Der Richter forderte die Parteien zweimal auf sich zu verständigen. Klaus Jordan hat sich daraufhin mit dem Vermieter auf einen Vergleich geeinigt. Er kann in seiner kleinen 2 Zimmer-Wohnung für 180 Euro monatliche Miete bis Ende Februar 2025 bleiben, bekommt 10.000 Euro und der Vermieter übernimmt die Gerichtskosten.
Bundesweit fanden heute Proteste statt um vom Bundestag vor den Neuwahlen die Verabschiedung der versprochenen Gesetze zum Mieterschutz einzufordern: Mietendeckel, Mietenstopp, neue Gemeinnützigkeit.
Los gehts ab Minute 04:19:
Ein Duschbus für obdachlose Frauen in Köln
An einem weiteren Baustein zur Hilfe für Obdachlose Frauen auf der Straße wird in Köln gearbeitet. Die Lokalzeit für Köln berichtete am 29.11.2024 darüber.
Wieso schaffen es Journalistinnen nicht solche Berichte mit der Forderung zu verbinden, alle Obdachlosen umgehend von der Straße in leerstehende Wohnungen unterzubringen? Es muss sich doch rumgesprochen haben, dass in allen Städten mehr Wohnungen und Büroräume leer stehen als Obdachlose auf den Straßen zu überleben versuchen.
Stefan Karrenbauer, der als Sozialarbeiter 27 Jahre bei der Hamburger Straßenzeitung Hinz&Kunzt gearbeitet hat: „Ich habe das Gefühl, dass die Wohnungslosenhilfe dabei ist, Obdachlose zu verwalten. Wir sind dabei, Menschen auf der Straße immer mehr zu versorgen. Wir haben mittlerweile den Duschbus, wir haben Leute, die Essen auf der Straße verteilen. Das ist alles notwendig, weil wir die Wurzel nicht angepackt bekommen, nämlich ihnen ein Zuhause zu geben.“
Arian Schiffer-Nasserie, Professor für Soziale Arbeit und Bildung an der evangelischen Hochschule Bochum: „Dass man über die Ursachen Bescheid weiß und nicht aus opportunistischen Gründen über sie hinwegsieht, ist doch die Voraussetzung dafür, dass man was ändern kann. Das halte ich zumindest auch in meinem Alltag und meinem normalen Leben für selbstverständlich. Dass man sich erstmal über die Ursachen Klarheit verschafft und dann ans Lösen geht. Wenn das in diesem Land schon nicht geht, weil man so ein enges, verliebtes Verhältnis zu seiner Regierung und zu seinem Staat hat, dann mag man das Problem auch nicht grundsätzlich lösen. Dann gefällt es einem offenbar besser, sich selbst als gute Seele zu inszenieren.
Hilfe ist immer dann nötig, wenn Hilfsbedürftigkeit erstmal in der Welt ist. Die deutschen Sozialverbände helfen seit über 150 Jahren—und das halte ich für ein trauriges Urteil. Wenn man sich nicht mehr mit den Ursachen der Notlagen in Deutschland oder der Welt befassen will, dann ist Hilfe gar kein erster Schritt zur Überwindung der Probleme, sondern nur die Betreuung des Leids.“ (Arian Schiffer-Nasserie)
Auf der Webseite von Recht auf Stadt Köln wird über die Leerstände in Köln informiert. Das nächste Treffen ist am Montag, den 2. Dezember 2024 um 19 Uhr im Bürgerzentrum Alte Feuerwache
Wohnungslosenvertretung und Mieterrechte
Am 03.12.24 um 10:13 schrieb Sarah Yolanda Koss:
Sehr geehrte Verteter:innen der Wohnungslosen-Stiftung, ich arbeite gerade an einem Artikel zur Bündnisdemonstration Offensiv für Wohnraum kommenden Donnerstag (5.12.2024) und würde mich über ein Statement von Ihrer Seite freuen.
-Sarah: Warum beteiligt sich eine Wohnungslosenvertretu an Protesten für den Mietendeckel?
Stefan: Was viele Menschen vergessen haben: Die meisten wohnungslosen Menschen sind ehemalige Mietende. Sie haben ihre Wohnung verloren, weil sie die ständig steigenden Mieten nicht mehr bezahlen konnten und wurden dann in die Obdachlosigkeit zwangsgeräumt. Ein brutaler, traumatisierender Vorgang. Bezahlbare Mieten schützen vor Obdachlosigkeit – sind also eine wirkungsvolle Präventionsmaßnahme. Auch, um aus der Obdachlosigkeit wieder herauszukommen, braucht es bezahlbare Mieten. Deswegen unterstützen wir auch die Kampagne Deutsche Wohnen enteignen. Es braucht einfach große Bestände an Mietwohnungen zum Selbstkostenpreis. Wohnungen als Renditeobjekte zu betrachten, um Aktionären eine möglichst hohe Dividende auszahlen zu können, ist eine furchtbare Fehlentwicklung der Mietenpolitik. Sie treibt Menschen scharenweise in die Obdachlosigkeit.
Sarah: Steht die Wohnungslosen-Stiftung im Austausch mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, die im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum vertreten ist? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht?
Stefan: Natürlich stehen wir in Kontakt zur Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Die BAGW ist der Interessenverband der Wohnungslosenhilfe. Sie wird überwiegend vom Bund finanziert. So erklärt sich auch die große Zustimmung zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit (NAP). Dabei sagen nahezu alle Expert*innen hinter vorgehaltener Hand, dass die Zahl obdachloser Menschen bis 2030 nicht abnehmen, sondern deutlich steigen wird – nicht zuletzt deshalb, weil die Maßnahmen des NAP Wohnungslosigkeit vollkommen unzureichend sind. Wohnungslose Menschen sind in der BAG Wohnungslosenhilfe nicht gut vertreten: Die Facharbeitsgemeinschaft Partizipation ist innerhalb der BAGW ist völlig unbedeutend, und zu Fachtagungen werden in der Regel wenige vorab ausgewählte Erfahrungsexpert:innen eingeladen, die eine angemessene Beteiligung vortäuschen sollen und in den Leitungsgremien sind wohnungslose Menschen gleich gar nicht vertreten und mutmaßlich auch nicht erwünscht. Die Wohnungslosenhilfe betreibt weiterhin und unwidersprochen zwangsgemeinschaftliche Massennotunterkünfte, die tagsüber wieder verlassen werden müssen. Diese menschenunwürdigen Orte der Gewalt werden von nicht wenigen obdachlosen Menschen gemieden. Dabei gibt es Alternativen: Mehr als 2 Millionen Wohnungen stehen in Deutschland leer. Diese Beispiele zeigen: Trotz einiger Schnittmengen sind die Interessen der Wohnungslosenhilfe und die Interessen wohnungsloser Menschen nicht identisch. Deshalb braucht es unabhängige Interessenvertretungen wohnungsloser Menschen wie etwa die Wohnungslosenstiftung.
Stefan Schneider von der Wohnungslosen_Stiftung
Links
Frank Überall interviewt Linda
Die aktuelle Ausgabe von sub/urban, der Zeitschrift für kritische Stadtforschung:
Die schwarz-grüne Vereinbarung zum Landeshaushalt 2025 bedarf der näheren Nachprüfung:
https://gruene-fraktion-nrw.de/fachnewsletter-ausgaben/wir-investieren-in-ein-soziales-sicheres-und-zukunftsfaehiges-nordrhein-westfalen/
Termine
07.12.2024, 19 Uhr, 100 Jahre Rote Hilfe, Bürgerzentrum Alte Feuerwache
10.12..2024, 19 Uhr, 1.000 Stühle, 1.000 Bäume. Kulturkubus
11.12.2024, 10:30 Ottoplatz Demo der Wohlfahrtsverbände gegen Sozialabbau
12.12.2024, 13:30 Uhr Protestkundgebung, 14 Uhr Ratssitzung, Theo-Burauen-Platz
Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut
6. Dezember 2024
Klaus Jünschke und Rainer Kippe
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