Rundbrief 196 vom 28.06.2024

GAG hat für die Menschen in Köln versagtKöln ohne ObdachlosigkeitAngstraum Wiener Platz

Die GAG hat für die Menschen in Köln versagt – die Aktionäre erhalten 16,3 Millionen
– mehr Pfründe für Fründe

Die GAG wird von Seiten der Parteien als Rettungsanker für den Wohnungsbau dieser Stadt angesehen- sie gilt gleichzeitig als Modell für eine soziale Wohnraumversorgung in öffentlicher Hand und als Milchkuh für die Finanzen der ewig klammen Stadt. 

28 Millionen Gewinn im Jahr – das hört sich nicht schlecht an. 10.000 Gewährleistungswohnungen für soziale Notfälle – das lässt die Sozialpolitiker ruhig schlafen. Pöstchen und Pfründe für Fründe gefällt den Parteipolitikern.

Deshalb war auch kein einziges Mitglied des Aufsichtsrates bereit, seine Stimme zu erheben, als herauskam, dass die GAG in Stammheim Gebäude leer zieht und jahrelang leer stehen lässt, um sie schließlich abzubrechen und neu zu bauen. Zwischennutzung für Obdachlose und Kernsanierung statt Abbruch wurde kühl abgewiesen – egal wie viele Obdachlose auf Kölns Straßen sterben.

Wie gut ein Modell ist, erweist sich in der Krise. Die jetzige Krise des Wohnungsbaus, die darin besteht, dass die Bauzinsen wieder auf normale 4% gestiegen sind – früher wurde in Deutschland auch bei Zinsen von 8 % gebaut – versagt die GAG völlig. Genau wie die Investoren-Riege, die den privaten Wohnungsbau vergeigt hat, fährt sie den Neubau zurück und erhöht den Gewinn.


Köln ohne Obdachlosigkeit

Wie kommen die rund 500 Obdachlosen hier in Köln von der Straße in abschließbare Einzelzimmer – als Übergangslösung, bis es Housing-First Wohnungen für alle gibt?

Darüber hinaus braucht es Working First – Lösungen, wie der kleine SSM es für sechs Menschen in Not geschafft hat.

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, kann ein Blick zurück in die Kölner Geschichte Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre hilfreich sein. SSK-Aktivist Lothar Gothe hat auf WDR 5 in 23 Minuten von den Kämpfen in diesen Jahren berichtet, als 1.000 obdachlose Jugendliche in der Stadt unterwegs waren, in einer Stadt, in der insgesamt 19.000 Obdachlose gezählt wurden. 

Lothar Gothe:
https://www.ardaudiothek.de/episode/wdr-5-erlebte-geschichten/lothar-gothe-mitgruender-der-sozialistischen-selbsthilfe-koeln/wdr-5/55497958/

Interessant dazu aus dem SSM/SSK-Archiv
https://www.ina-koeln.org/ssk-ssm_archiv/19761124_gothe-kippe_-_aufbruch-5jahre_kampf_des_ssk-3.aufl._163s-c.pdf


Angstraum Wiener Platz

In den dreißiger Jahren bauten die Nazis die erste durchgehende Autobahn im Deutschen Reich, es war die so genannte „Hansalinie“ und sie führte von Lübeck über Hamburg- Bremen- Münster- Dortmund- Köln bis ins Saarland. Sie ging mitten durch Mülheim, und die Ausfahrt Mülheim, damals Köln-Nord, führte über die Mülheimer Brücke und die Riehler Straße bis ins Stadtzentrum.

Vor der Brücke entstand „der größte Kreisverkehr Europas“- eine scheußliche Teerfläche, in deren Mitte sich ein riesiger Parkplatz befand. Für die Mülheimer und die mit Mehrheiten von bis zu 70 % regierende SPD die Verwirklichung ihres Traums von Moderne, Weltläufigkeit und Aufenthaltsqualität, denn am Rande standen Kaufhof, das damals schon geplante Bezirksrathaus, und zum Park hin das Bull-Hochhaus und die Mülheimer Stadthalle.

Störte nur die Straßenbahn, die immer noch über den Platz zockelte, um sich ihren Weg nach Osten zur Bergisch-Gladbacher Straße über die Eulenberg-Straße und den Weg nach Norden bis nach Opladen über die Düsseldorfer Straße zu bahnen.

Was tun? Die Straßenbahn , dieses Relikt des 19. Jahrhunderts und Verkehrsmittel für diejenigen, die sich immer noch kein Auto leisten konnten, also die Verlierer, unter die Erde verschwinden zu lassen, war für die Müllemer schlicht zu teuer, zumal die großen Mülheimer Industriebetriebe, die seit 1914 zuverlässig den Aufstieg Kölns finanziert hatten, im Verschwinden begriffen waren.

Hier half die Stadtsanierung, die mit Mitteln aus Düsseldorf die schwächelnde Konjunktur der Ära Schmidt ankurbeln wollte.

Erste Pläne sahen die Untertunnelung des Wiener Platze mit einer autobahnartigen Nord-Süd-Trasse und einem Fly over hoch über dem Platz um die Stadtsparkasse herum auf die Mülheimer Brücke vor, der nach Protesten des SSM keine Zustimmung fand.

Um Adolf Hitlers Traum von der Hansalinie und ihre Verbindung ins Herz von Köln hinein nun endlich Wirklichkeit werden zu lassen, mussten die Mülheimer Bürger nun selbst unter die Erde.

Der Wiener Platz wurde in ein Loch abgesenkt, welches als zweiter gebauter Angstraum nach dem Ebertplatz Städtebau als Brutstätte für Straßenkriminalität, Drogenhandel, Raub und Mord in Köln etablierte.

Folgerichtig wird nun der Betrieb auf dem Platz unter dem Begriff der „Kriminalprävention“ gefasst.

Darunter erscheinen nun ganz zunächst unverfängliche Begriffe wie: “Sauberkeit steigern“ – „Graffitti beseitigen“ – „Begrünung des Platzes“ und – „Freizeitangebote für Senioren“.

Zu teuer darf es allerdings nicht werden, die Reparatur der chronisch defekten Rolltreppen z.B., welche den Bürgern den Ausstieg aus dem Angstraum erleichtern sollten, erscheinen darunter genau so wenig wie der Bau einer funktionierenden Toilette. In den Abend und Nachtstunden bietet sich den menschlichen Bedürfnissen weiter der angrenzende Park an.

Der Erfolg wird sichergestellt durch die Polizei, wird doch „die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen …vom Zentrum für Kriminalprävention begleitend koordiniert“. 

Der neue, abgesenkte Wiener Platz wurde immer wieder als leuchtendes Beispiel des modernen Städtebaus hervorgehoben…..stört nur der Mensch.


Diese Website verwendet Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie zu.

Social Share Buttons and Icons powered by Ultimatelysocial
Facebook