Rundbrief 92 vom 24.06.2022

Protestkundgebung gegen Leerstand
Wohnungen für Flüchtlinge und Obdachlose
Samstag, 25. Juni 2022, 11 – 13 Uhr, Ecke Friedrich-Engels-Straße / Berrenrather Straße 

Wie wöhr et, wemmer selver jet däät. 
Wemmer die Zäng ens ussenander kräät?

Wird wirklich Zeit, dass man selber was tut. 
Dass man den Mund endlich aufbekommt!

Konrad Adenauer, der Vorsitzende des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, in der Juni-Ausgabe von „Eigentum aktuell“: „Trotz Wohnungsmangels, auch mit Blick auf die Flüchtlinge aus der Ukraine, findet unsere Verwaltung offensichtlich keinen Weg die Russenhäuser in Sülz und an der Aachener Straße in die Hand zu bekommen, etwa im Wege der Zwangsversteigerung.“

Petra Metzger, die neugewählte 1. Vorsitzende des Vereins „Arche für Obdachlose e.V.“ hat das Sommerfest der Arche Mülheim am 21. Juni 2022 eröffnet und in ihrem Schlusswort betont, dass das Hilfsprojekt ein weiterer Schritt in Richtung Abschaffung der Obdachlosigkeit in Köln ist. 

Eröffnungsrede

Wie oft haben Sie schon gehört, dass die Armen immer ärmer werden und die Reichen immer reicher?

Das hören wir seit Jahrzehnten. Die existenzielle Not vieler Menschen –auch in Deutschland– wächst und sie wächst seit langem. Das kann man  etwa daran ablesen, dass vor fast 30 Jahren die Tafeln gegründet wurden. Bereits 1993 bestand die Notwendigkeit, Menschen durch die Gabe von Lebensmitteln zu unterstützen, damit sie über die Runden kommen. Heute gibt es ca. 1000 Tafeln in Deutschland. Sie versorgen 1,6 Mio Menschen und das ist nur ein sehr kleiner Teil von 13 Mio Menschen, die 2022 in unserem Land von Armut betroffen sind. Dass der Anteil der armen Menschen in den nächsten Jahren weiter wächst, ist absehbar. Steigende Mieten, Wohnungsnot, Pandemie, Kriegsfolgen – Sie kennen das. Damit nimmt auch die Obdachlosigkeit zu, als eine extreme Form der Armutsbetroffenheit.

Es sind nicht alle Menschen gleichermaßen von diesen Verschlechterungen betroffen. Persönlichkeitsmerkmale und Lebensbedingungen geben mehr oder weniger Stabilität und Zuversicht, um Krisenzeiten zu überstehen. Dennoch können wir alle durch einen Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen werden: Eine Krankheit, ein tiefgreifender Verlust, ein Unfall, Scheidung, ein psychischer Zusammenbruch. Dann die Angst, nicht wieder herauszufinden, nicht mehr mithalten zu können. Am stärksten gefährdet sind diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurden, nur über geringe Ressourcen verfügen – über finanzielle Ressourcen, aber auch über tragfähige Familienstrukturen, Bildung, die Fähigkeit, das Leben in die eigene Hand nehmen zu können.

„Die Armen werden immer ärmer werden und die Reichen immer reicher“ heißt auch „Es reicht nicht mehr für alle.“ (Zumindest nicht, wenn alles so weiter läuft wie bisher) Das Thema WOHNEN macht es besonders deutlich. Da gibt es Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – am Rand der Gesellschaft stehen. Menschen, die nicht am Wohnungsmarkt teilnehmen können, die im Wettbewerb mit anderen Wohnungssuchenden ohne Chance sind. Wo es an eigener Kraft und an Ressourcen fehlt, muss eine solidarische Gesellschaft unterstützen. Es ist eine soziale Verpflichtung, sich darum zu kümmern, was mit den Menschen geschieht, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu versorgen.


Aber wem sage ich das? Sie stehen hier, weil Sie der Not gegenüber nicht gleichgültig sind und sich dafür einsetzen, sie zu lindern. Sie bilden eine Gemeinschaft, rücken gewissermaßen auf der Arche zusammen, damit möglichst Viele Platz und finden und den Unwettern des Lebens nicht schutzlos ausgeliefert sind. Sie haben auch die Menschen am Rand im Blick und betrachten sie als dazugehörig. Sie leisten konkrete Hilfe und Sie stärken eine entscheidende Ressource unserer Gesellschaft, deren
Wert gar nicht hoch genug geschätzt werden kann: Vertrauen.


Wohnungslose haben Angst, keine Wohnung zu finden, Obdachlose haben Angst vor dem Winter. Sie leiden unter Einsamkeit und oft auch unter Scham. Sie haben das Gefühl, anderen egal zu sein. Sie erleben Verachtung und Aggression, gelten als Looser, denn in unserer Gesellschaft muss jeder selbst sehen, wo er bleibt. Wir leben in einer Zeit, in der die Formel gilt Denken = Rechnen. Denken kann aber auch Mitfühlen heißen. Dafür steht Ihr Engagement für die Mülheimer Arche.
Und dafür gebührt Ihnen großer Dank. Heute haben Sie Gelegenheit zu
erleben, welche Früchte es getragen hat.

Schlusswort

Der erste Schritt ist mit diesem Containerstandort getan. Essen, Aufwärmen, Hygiene, Beratung – all das ist hier möglich. Eine Verbesserung wäre der Umzug in feste Räume. Das ist die mittelfristige Perspektive, um die Situation der Obdachlosen in Mülheim zu verbessern.
Das Ziel, das anvisiert wird, ist aber ein anderes. Was die in Not geratenen Menschen wirklich brauchen ist Wohnraum. Denn Obdachlosigkeit kann nur durch Obdach bekämpft werden und nicht durch ein Schließfach, Duschen und eine warme Suppe!

Auf dem Sommerfest sprachen Bürgermeister Dr. Ralf Heinen, Stefanie Ruffen, Vorstandsmitglied der Arche, Dr. Werner Wolf, FC Stiftung, Fabian Daniels  vom SKM, Prof. Mark Oette, CAYA, und Helmut Zoch, der Vorsitzende der Bürgervereinigung Mülheim. Die Arsch-Huh-Band begeisterte mit drei Beiträgen, darunter „Alles verloren, keine Wohnung, keine Arbeit, keine Geld“:
https://www.youtube.com/watch?v=Gsnn93XSzSY

Lektüre

Hartmut Häußermann 2008 im Spiegel-Interview:
Wie Reiche die Armen aus den Städten verdrängen
Häußermann: Der soziale Wohnungsbau verfolgt eine simple Idee: Arme Leute sollen gut wohnen. Das Bauhaus-Motto sagt dagegen: Wir passen die Häuser der Armut an. Das ist, freundlich formuliert, ein fragwürdiger Gedanke.
https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sozialer-staedtebau-wie-reiche-die-armen-aus-den-staedten-verdraengen-a-564649.html

Bini Adamczak: Bewegung und Ziel 
Die Kampagne Deutsche Wohnen enteignen ist eine der mächtigsten und schönsten der letzten Jahre und sie bezieht ihre Schönheit ja auch aus der Einfachheit. Sie formuliert einen klaren Gerechtigkeitsanspruch und benennt das Hindernis, das eine Stadtgesellschaft an der Gestaltung des Lebens hindert. Aber wir tun gut daran, neben der Frage der Enteignung, die Antwort der Aneignung nicht zu vernachlässigen. Wie lässt sich Privateigentum wirklich auflösen, wie lässt sich vergemeinschaften? Welche Beziehungsweisen können an die Stelle der hierarchischen und entfremdeten Beziehungsweise des Eigentums an Häusern treten? https://arranca.org/ausgaben/ein-drittel-heiz%C3%B6l-zwei-drittel-benzin/bewegung-und-ziel


DIE FREIRAUM FIBEL
Das Powertool für alle Stadtmacher
https://stadtstattstrand.de/projekte/die-freiraum-fibel

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

„Wir fordern ein Kündigungsmoratorium, das sicherstellt, dass niemand gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung nicht fristgerecht bezahlen kann“, sagte Siebenkotten den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-freitag-147.html#Mieterbundes

Wiener Platz bekommt Toiletten-Anlage
https://www.ksta.de/koeln/muelheim/-problemloeser-wc–fuer-koeln-muelheim-wiener-platz-bekommt-toiletten-anlage-39768316


Andy Goral bericht für Report-K von der letzten Ratssitzung
https://www.report-k.de/letzte-sitzung-des-rates-vor-der-sommerpause-aussengastronomie-ausflugsschiffe-mulheimer-suden-regionalplan/


Marsch der Armen
Tausende demonstrieren in Washington gegen Armut
https://taz.de/Demonstration-in-den-USA/!5859542&s=Johanna+soll/

Wohnungsbau versus Stadtklima Kölner CDU und Grüne wollen Freiflächen beibehalten https://www.ksta.de/koeln/wohnungsbau-versus-stadtklima-koelner-cdu-und-gruene-wollen-freiflaechen-beibehalten-39766298


Prinz William bezeichnet Obdachlosigkeit als „lösbares Problem“. Siehe Anlage
Weitere Meldungen dazu: 
https://www.gala.de/royals/briten/prinz-william–magazin-cover-mit-ernstem-hintergrund-22876304.html   
und
https://www.vip.de/cms/prinz-william-einsatz-fuer-obdachlose-4985201.html

und
„Vielleicht ist sie ja als Zeichen des Prinzen an die ärmere Bevölkerung gedacht, dass auch sie bei all dem Zinnober nicht vergessen werden soll.“
https://www.n-tv.de/leute/Prinz-William-verkauft-Obdachlosenzeitung-article23388281.html

HABERSAATHSTRASS

»Wir werden das Haus nicht verlassen«
Berlin: Ehemals Wohnungslose sollen bis Juli Wohnungen räumen. Bezirksbürgermeister leugnet Zusagen. Ein Gespräch mit Valentina Hauser
https://www.jungewelt.de/artikel/428616.habersaathstra%C3%9Fe-wir-werden-das-haus-nicht-verlassen.html

Rückschau: Die Ausstellung „Who’s Next? Obdachlosigkeit, Architektur und die Stadt“ zeigte, wohin Wohnungsmangel, Sozialabbau und steigende Mietpreise perspektivisch führen, nämlich: in eine Welt ohne Zuhause
https://www.br.de/kultur/obdachlosigkeit-architektur-die-stadt-pinakothek-100.html

 Fachkräftemangel – Burnout auf dem Bau
Folge von »Dumpingwettbewerb«: IG BAU beklagt Abwanderung von Arbeitskräften und fordert höhere Löhne
https://www.jungewelt.de/artikel/428708.fachkr%C3%A4ftemangel-burnout-auf-dem-bau.html

Welche Mieterhöhung okay ist – und welche nicht
https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/inflation-nicht-jede-mieterhoehung-ist-ok-kolumne-a-e84c1822-d23a-4815-b171-be21d0b9bd6a

Grüne Jugend NRW mit deutlicher Kritik an den Koalitionsverhandlungen
Jungpolitikerinnen werfen den Altvorderen vor im Bereich Arbeits- und Sozialpolitik kaum etwas geliefert zu haben. Dabei sei es gerade in NRW wichtig Menschen abzusichern und vor Armut zu schützen. Dazu zählt etwa die Entlastung von Mieterinnen. Die Grüne Jugend fordert hier ein Investitionsprogramm in Sozialwohnungen und eine Mietpreisbremse.
https://www.report-k.de/gruene-jugend-nrw-mit-deutlicher-kritik-an-koalitionsverhandlungen/


Rat stimmt am Montag über Regionalplan-Stellungnahme ab – intensive Debatte zu erwarten

https://www.report-k.de/rat-stimmt-am-montag-uber-regionalplan-stellungnahme-ab-intensive-debatte-zu-erwarten/

Zeugen gesucht Gruppe greift Obdachlosen am Kölner Heumarkt an
https://www.ksta.de/koeln/zeugen-gesucht-gruppe-greift-obdachlosen-am-koelner-heumarkt-an-39761528

Hallen in Köln-Kalk Das Industrie-Areal soll Veedels-Treffpunkt werden https://www.ksta.de/koeln/kalk/hallen-in-koeln-kalk–das-industrie-areal-soll-veedels-treffpunkt-werden-39755658

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