Rundbrief 154 vom 9. September 2023

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung, Rundbrief 154

Gegen Privatisierungprivate InvestorenFamilie WinandsAbwehr ObdachloserErsatzfreiheitsstrafeWohnhilfen KölnBauen im BestandKindergundsicherungZum LesenSendungen, Meldungen, NachrichtenTermine

„En unserem Veedel – Gegen Privatisierung von öffentlichem Raum“  

Protestkundgebung am Samstag, den 16.09.2023 um 11:11 Uhr auf der Piazza im Gerling-Quartier (Früher die Straße Gereonshof) 

Kalle Gerigk hat die Kundgebung bei der Polizei mit 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern angemeldet.

Kommt alle mit Kalle und bringt alle mit

Blindflug im sozialen Wohnungsbau im Bundesland Berlin

Die Berliner Mietergemeinschaft kritisiert die Förderung privater Investoren, in Köln wird immer noch gehofft, dass durch die Förderung der privaten Investoren die Wohnungsnot gelöst werden kann:

„Neue Förderung für private Investoren ist wenig nachhaltig und geht zulasten der sozialen Bedarfe CDU und SPD haben seit langem den Traum, private Investoren für den sozialen Wohnungsbau zu begeistern. Mit der Regierungsübernahme durch die schwarz-rote Koalition und den neuen Wohnungsbauförderungsbestimmungen (WFB 2023) wittern sie nun ihre Chance, diesen Traum Realität werden zu lassen. 

Um private Bauherren für das jahrelang verschmähte Segment des geförderten Wohnungsbaus zu begeistern, wird die Wirtschaftlichkeit der Förderung enorm verbessert. Denn renditeorientierte Investoren lassen sich nur für den sozialen Wohnungsbau gewinnen, wenn die Konditionen auch tatsächlich Gewinne abwerfen. Dafür greift das Land nun tief in die Tasche.

Der Fördermittelaufwand steigt mit der WFB 2023 auf bis zu 300.000 Euro pro Wohnung und versechsfacht sich damit gegenüber 2014 nahezu. Bei Baukosten von bis zu 4.200 Euro/qm muss durch diesen immensen Fördermitteleinsatz kein zusätzliches Fremdkapital auf dem Markt beschafft werden. Lediglich das notwendige Eigenkapital von 20% müssen Investoren fortan mitbringen, dieses wird jedoch durch den üppigen Fördermittelaufwand stärker verzinst als zuvor. Die Förderung besteht je nach Förderweg aus zinslosen und niedrigverzinsten Darlehen der öffentlichen Investitionsbank IBB und einem nicht rückzahlbaren Baukostenzuschuss von bis 1.800 Euro/qm. Eine weitere Neuerung sind die dynamisierten Kostenansätze, wonach die Fördermittel nahezu automatisch mit steigenden Baukosten anwachsen. Eine parlamentarische Kontrolle über den Hauptausschuss, der zuvor neue Mittel freigeben musste, wurde ersatzlos gestrichen. Damit droht die Wohnungsbauförderung zu einem Fass ohne Boden zu werden, zumal Bauherren nicht mehr angehalten sind, möglichst kosteneffizient zu bauen.“ 

https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2023/me-single/article/blindflug-im-sozialen-wohnungsbau/

6 Köpfe suchen ein Zuhause!

Unter dieser Überschrift haben wir seit Januar für die zwangsgeräumte Familie Winands- Mutter und fünf Kinder- ein Zuhause gesucht, welches die Stadt Köln ihr rechtswidrig bis heute verweigert hat.

Aber auch die großen Kölner Wohnungsbaugesellschaften , welche der Familie mehrmals geeignete Wohnungen angeboten hatten, machten jedes Mal einen Rückzieher, wenn sie von dem Gerücht erfuhren, welches Sozialdezernent Prof. Dr. Harald Rau in die Welt gesetzt hatte, um vom eigenen Versagen abzulenken: die Familie sei zwangsgeräumt, weil sie für eine Vielzahl von Polizeieinsätzen verantwortlich wäre.

Insbesondere war Rau nicht bereit, für die Familie als Stadt selbst eine geeignete Wohnung anzumieten und zur Verfügung zu stellen. Vielmehr bestanden er und seine Leute darauf, dass die Familie aus ihrer gewohnten Umgebung in Porz wegziehen und eine zwei Zimmer  Unterkunft in einem Obdachlosenhotel in Ehrenfeld beziehen müsse: viele km entfernt von der gewohnten Umgebung der Familie in Porz, mit Schule, Kita und Therapieplatz für das behinderte Kind.

So blieb der Familie nur die kleine 2-Zimmerwohnung in Porz mit gerade mal 40 qm, die ein Freund des SSM der Familie kostenlos seit einem halben Jahr zur Verfügung stellt.

Jetzt hat Jacqueline Winands es aus eigener Kraft geschafft: sie hat in Porz einen privaten Vermieter gefunden, dem der persönliche Eindruck wichtiger ist als die Akten des Herrn Rau und der der Familie eine 4-ZimmerWohnung mit 90 qm zur Verfügung stellt, deren Kosten vom Jobcenter getragen werden, denn Mutter Jacqueline hat bereits wieder eine Beschäftigung gefunden.

Wir wünschen der Familie Winands alles Gute und viel Glück und
Zufriedenheit im neuen Zuhause!

Rainer Kippe, SSM

Am 17. Januar 2023 war Familie Wienands mit ihren fünf kleinen Kindern aus ihrer Wohnung Am Frankenplatz 1 zwangsgeräumt worden. 

Im Rundbrief 121 vom 21.Januar 121 hatten wir u.a. geschrieben: 

Familie Winands ist obdachlos.

Die Stadt will sie in eine Unterkunft in Ehrenfeld abschieben.

Die Winands sind aber in Porz zuhause, dort gehen die Kinder in KITA und Schule.

Die Stadt will nichts anmieten, ist aber bereit die Kosten für eine vorübergehende Unterkunft zu übernehmen- am Geld liegt es also nicht!

Im Rundbrief 122 vom 28. Januar 2023 und den folgenden hatten wir weiter berichtet:
Familie Winands wartet immer noch auf eine geeignet Wohnung

https://www.express.de/koeln/obdachlose-familie-zwangsgeld-gegen-die-stadt-koeln-beantragt-418845

Zur Abwehr Obdachloser mit einem Gitter vor der Tür einer Kirche

schreibt ein treuer Unterstützer von fiftyfifty:

Ein Leben auf der Straße ist kein Abenteuer, sondern blanke Not. Es gab Zeiten, als „Clochards“ in Frankreich (und bei uns) verherrlicht wurden. Grenzenlose Freiheit, gepaart mit philosophischem Wissen, so unser Selbstbetrug. Tatsächlich waren es Obdachlose, die auf Almosen und humanitäre Hilfe angewiesen waren, um zu überleben. So wie heute die Menschen, die in unseren Städten auf der Straße leben müssen, weil es für sie keinen Wohnraum gibt. Weil wir sie nicht mittendrin haben wollen. Weil sie vielleicht versagt haben. Weil sie möglicherweise trinken und Drogen nehmen. Aber es sind Menschen wie Du und ich. Sie haben das gleiche Recht, würdevoll behandelt zu werden. Gut dass es Hilfsorganisationen gibt, die sich kümmern. Die stützen und unterstützen. Unsere Kirchen, die christliche Nächstenliebe predigen, wären im Prinzip beste Helfer und Aufklärer. Im Prinzip. In Düsseldorf gibt es aktuell einen Vorfall, der uns nachdenklich machen muss. Die katholische St. Apollinaris-Kirche hat ein Gitter am Eingang anbringen lassen, um Obdachlose auszusperren. Die Hilfsorganisation für Wohnungslose fiftyfifty in D.-Dorf zeigt sich bestürzt. Anstatt zu helfen, werden dort Hilfsbedürftige ausgegrenzt. Anstatt ein Dach über dem Leben zu gewähren, wird die Tür verschlossen. So lösen wir keine Probleme. Wir verlagern sie nur.

Dirk Hartwich, SPD Rhade

Die Ersatzfreiheitsstrafe für die Ärmsten der Armen bleibt länger ungekürzt

Johann Voigt in der taz: 

Ersatzfreiheitsstrafen sollten verkürzt werden, doch wegen IT-Problemen verschiebt sich die Reform. Unter dem digitalen Versagen leiden die Ärmsten.

Die beschlossene Reform zur Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe tritt nicht wie geplant zum 1. Oktober in Kraft, sondern erst vier Monate später. 

Ersatzfreiheitsstrafen funktionieren nicht als Resozialisierungsmaßnahme. Sie sind bloße Schikanen, die die Betroffenen noch mehr an den Rand der Gesellschaft treiben können. Die Message, die das menschenunwürdige System vermittelt: Du bist arm, also sperren wir dich ein. In einem demokratischen Staat sollte der Schutz von Hilfsbedürftigen über Softwareproblemen stehen, doch das scheint keine Rolle zu spielen.

Genauso wenig übrigens wie der Fakt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe eine Geldfressmachine ist. Ein Hafttag kann den Staat bis zu 150 Euro kosten. Die mangelnde Digitalisierung und der lahme Freistaat Bayern kosten den Staat also mehrere Millionen Euro. Geld, das in der Suchthilfe und zur Unterstützung von Obdach- und Wohnungslosen Menschen um einiges besser aufgehoben wäre und letztlich auch dazu führen würde, dass Menschen weniger ohne Ticket fahren und Nahrungsmittel klauen.

Die einzige logische Konsequenz wäre es, die Ersatzfreiheitsstrafe ganz abzuschaffen. Und der aktuelle Fall zeigt vor allem eines: Unter dem digitalen Versagen Deutschlands leiden die Ärmsten der Armen am meisten.

https://taz.de/Laenger-im-Gefaengnis-wegen-IT-Problemen/!5953200&s=Johann+Voigt/

Wohnhilfen Köln

Unterstützung in Krisen und Notlagen
Die Wohnhilfen Köln sind für Menschen aus dem Stadtbezirk Kalk in akuten Not- und Krisensituationen da. Wir unterstützen Menschen in Wohnungsnot, bei Wohnungslosigkeit, ungesichertem Einkommen, Arbeitslosigkeit, Schulden, Trennung vom Partner oder der Familie und in anderen Notlagen. 

https://www.diakonie-michaelshoven.de/angebote/menschen-in-krisen/wohnhilfen-koeln-kalk

Bauen im Bestand

Es gibt Studien, die analysieren, warum, wann und wie Eigentümer sanieren – bisher wurden jedoch nie die Planenden selbst befragt. 

Architects for Future wollte daher wissen, was die in der Planung tätigen Kolleginnen beim Sanieren, Umbauen und Erweitern von bestehenden Gebäuden hindert und welche konkreten Hemmnisse vorliegen.

Die AG Bauen im Bestand der Architects for Future ist diesen Fragen nachgegangen und hat von Juli bis September 2020 eine Umfrage unter Architektinnen durchgeführt – mit dem Ziel, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die weitere Arbeit von Architects for Future ausgerichtet sein soll, um das Bauen im Bestand zu fördern aber auch um die eigenen Forderungen „Hinterfragt Abriss kritisch“ und “Saniert den Gebäudebestand” inhaltlich zu stärken und mit einer konkreten Strategie – sowie Lösungsansätzen auszustatten.

https://www.architects4future.de/portfolio/projekte/umfrage-bauen-im-bestand

Die Tacheles Stellungnahme zur Kindergrundsicherung ist fertig

Das Resümee: Wesentliche Verbesserungen bringt die Kindergrundsicherung nicht, an einigen Stellen sogar Verschlechterungen, es wird ein bisher in der Schärfe nicht bekanntes sozialrechtliches Sanktionsrecht bei fehlender Mitwirkung geschaffen und mit der Kindergrundsicherung wird ein rassistisch geprägtes Vierklassensystem von berechtigten und ausgeschlossenen Kindern ohne deutsche Staatsangehörigkeit etabliert.

Kinderarmut wird mit dem Gesetz definitiv nicht überwunden.

So die Kurzzusammenfassung unserer Bewertung zur Kindergrundsicherung. 

Die Stellungnahme umfasst 26 Seiten und 53 einzelne Punkte. Ein verlinktes Hintergrundpapier mit erklärten Musterrechnungen wird erst im Laufe des morgigen Tages fertig. Hier gibt es die Stellungnahme zum Downloaden und Lesen: https://t1p.de/a82vc

Zum Lesen

Kohei Saito: Systemsturz: Der Sieg der Natur über den Kapitalismus. dtv 2023

„Das Wirtschaftswachstum der Moderne versprach uns ein Leben im Wohlstand. Jedoch wird durch die Umweltkrise des Anthropozäns klar, dass es ironischerweise gerade das Wirtschaftswachstum ist, das die Grundlagen des menschlichen Wohlstands untergräbt.“

https://www.deutschlandfunkkultur.de/kohei-saito-systemsturz-der-sieg-der-natur-ueber-den-kapitalismus-102.html

Sendungen, Meldungen, Nachrichten

Podcast „Teurer Wohnen“ erhält den Deutsche Radiopreis 2023.

Warum wird wohnen immer teurer? Wer kassiert ab? Und warum sind Städte hilflos? Der Podcast von detektor.fm und von radioeins (rbb) geht diesen Fragen anhand eines Beispiels aus Berlin nach.Dafür gabe es den in der Kategorie „Beste Reportage“ den Deutsche Radiopreis 2023. Das Team um Steen Lorenzen und Stephan Ziegert hat in seiner Podcast-Serie die komplexen Probleme auf dem Wohnungsmarkt aufgearbeitet.

https://www.deutscher-radiopreis.de/radiopreis/verleihung_2023/preistraeger/Beste-Reportage-Teurer-Wohnen-detektorfm-radioeins-rbb,bestereportage104.html

Vonovia-Fall bewegt weiter

Kurz nach Auszug: Kölner Familie geht zurück in die Schimmel-Hölle

https://www.express.de/koeln/schimmel-in-koelner-wohnung-familie-geht-dennoch-zurueck-640299

„Eine Wohnung ist kein Aktienpaket“ Kalle Gerigk sprach mit Daniel Diekmann von der Interessengemeinschaft der Berliner Habersaathstraße über die Zerstörung der Wohnungen durch den Eigentümer.: 

Experiment: Bedingungslose Geldzahlungen verringerten Obdachlosigkeit schnell und unbürokratisch

https://www.mdr.de/wissen/mensch-alltag/Bedingungslose-Geldtransfers-koennen-Obdachlosigkeit-verringern-100.html

„Housing First“ in Stuttgart: Projekt vermittelt Wohnraum an Obdachlose

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/housing-first-stuttgart-wohnungen-obdachlose-obdachlosigkeit-vonovia-wohnungsmarkt-100.html

Steigende Kreditkosten, teures Material und eine chaotische Förderpolitik: Kaum jemand baut noch neue Wohnungen oder Häuser. Zurück bleiben Bauunternehmer, die nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/beten-am-bau-die-auftraege-fuer-wohnungen-bleiben-aus-19144280.html

Sitzt du noch oder wohnst du schon?

Gefängnisse erfüllen ihren Zweck nicht, sagen Helene De Vos und Veronique Aicha. Sie wollen, dass straffällig gewordene Menschen in betreuten Wohnhäusern unterkommen

https://www.fluter.de/betreutes-wohnen-statt-gefaengnis?utm_source=pocket-newtab-de-de

Termine

09.09.2023, 13-18 Uhr, Denkmaltag beim SSM in der Halle am Rhein, Im Faulbach

09.09.2023, 13:30 Uhr, Demo Asylrecht statt Unrecht, Roncalliplatz

09.09.2023, 20 Uhr, Wohin mit Kurt? Film über 3 Obdachlose, Ebertplatz

11.09.2023, Tag der Wohnungslosen https://www.wohnungslos-in-koeln.com/

13.-17.09.2023 Offenes Netzwerktreffen der Wohnungslosenstiftung in Dinslaken

https://www.wohnungslosenstiftung.org/neuigkeiten/2023-09-13-17-offenes-netzwerktreffen-dinslaken.html

15.09.2023, Klimastreik   https://www.klima-streik.org/

16.09.2023, 11:11Uhr, Gegen Privatisierung im Öffentlichen Raum, Piazza Gerling Quartier 

17.09.2023, ab 10 Uhr Tag des Guten Lebens in Nippes, Mauenheimer Straße

https://tagdesgutenlebens.koeln/

10.10.2023 World Homeless Day   https://www.worldhomelessday.org/

17.10.2023, 19 Uhr, Buchvorstellung „Gefangen & Wohnungslos“, Karl Rahner Akademie 

https://weissmann-verlag.de/

21.10.2023, 11:11 Uhr,. Reiche suchen ein Zuhause. Satirische Demo zu leerstehenden Villen  in Marienburg, gemeinsam mit den Pappnasen rotschwarz.

01. – 10.11.2023 Gefängnistage: Wohnungslosigkeit/Knast/Wohnungslosigkeit 

https://www.aktionstage-gefaengnis.de/bundesweite-aktionen/aktionstage-2023/

05.12.2023, 19 Uhr, Werner Rügemer: Wem gehört mein Wohnraum. Friedensbildungswerk

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit

Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen

Für eine Stadt ohne Drogentote

Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder

Für eine Stadt ohne Abschiebungen

Für eine Stadt ohne Armut

9. September  2023

Klaus Jünschke und Rainer Kippe

https://wohnungsnot.koeln

PS

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Verwendungszweck:  Aktionsbündnis

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